Lebhafte Talkrunde bei „Anne Will“. Friedrich Merz (zweiter von links) muss sich von von Annalena Baerbock (links) und Manuela Schwesig (zweite von rechts) einige Belehrungen gefallen lassen. Stephan-Andreas Casdroff (rechts) vom „Tagesspiegel“ kann da bisweilen nur staunend zusehen. Foto: NDR

Wenig hat sich in den Jahren verändert: Friedrich Merz provoziert mit konservativen Ideen. Doch bei „Anne Will“ bekommt er Gegenwind von den anderen Studiogästen.

Stuttgart - Friedrich Merz ist im Moment der Shooting-Star der deutschen Politikszene. Der Bewerber für den CDU-Vorsitz versammelte denn auch die Internetgemeinde vor den Fernseher, um in der guten alten ARD die Talkrunde „Anne Will“ zu verfolgen. Dort wurde Merz an diesem Abend vor allem von Manuela Schwesig, der SPD-Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, und Annalena Baerbock, Parteivorsitzende der Grünen, angegangen. Dabei ging es weniger um das „gespaltene Land“, wie die Ankündigung versprach, sondern um Friedrich Merz selbst.

Der Bewerber für den CDU-Vorsitz machte auch sehr deutlich, woher er die Wähler seiner Partei wieder gewinnen will: von den Grünen. Dazu will er den Christdemokraten ein klares umweltpolitisches Profil verpassen. „Wir haben das versäumt. Wir haben das falsch gemacht“, sagt der frühere Bundestagsfraktionschef.

Merz beschrieb daneben die Themenkomplexe, die die CDU für sich besetzen müsse. „Es muss, darf kein Zweifel daran bestehen, dass die CDU/CSU die Partei des Rechtsstaats und der inneren Sicherheit ist.“

Und Merz legte nach: „Wir müssen diejenigen auch in der Partei zuhause haben und sich zu Hause fühlen lassen, die die nationale Identität dieses Landes, die einen gesunden Patriotismus für dieses Land für richtig halten. Wir müssen die Europapartei sein.“

Das klang wie jene Sätze, mit denen Merz schon für einigen Wirbel sorgte, als er kurz vor seinem Abtauschen – unmittelbar nach der Jahrtausendwende – noch aktiv in der Politik mitmischte. Viele der Zuschauer beschlich an diesem Abend deshalb vor allem das Gefühl, einer politischen Zeitreise beizuwohnen.

Immer wieder verwahrte sich Merz allerdings gegen den Vorwurf, die Partei nach rechts rücken zu wollen. „Ich habe nicht davon gesprochen nach rechts zu gehen, und es wird die CDU auch nicht nach rechts gehen“, erklärte er. „Sondern ich möchte diejenigen zurückgewinnen, die Zweifel daran haben, dass die Union die Staatspartei der Bundesrepublik Deutschland ist. Das hat mit rechts und links nichts zu tun.“

Thema bei „Anne Will“ war natürlich auch die Flüchtlingspolitik. Doch da musste Merz einige Kritik einstecken und wurde von den beiden Frauen in der Runde deutlich zurechtgewiesen. Annalena Baerbock erklärt ihm, dass im Schengenraum, in dem es keine Grenzen gibt, von einer Grenzöffnung keine Rede sein könne.

Kritisiert wird in den sozialen Medien vor allem, dass Merz sich in dieser Frage des Duktus der AfD bedient und den Mythos des Rechtsbruchs in jenen Tagen schürt. „Bis heute ist die Frage nicht geklärt“, sagt der CDU-Politiker, „auf welcher rechtlichen Basis eigentlich die Grenzen geöffnet wurden“.

Merz weicht in dieser Frage schließlich aus und erklärt, dass es damals eine „humane Geste“ gewesen sei, die Flüchtlinge ins Land zu lassen. Das kann aber auch heißen, dass es eine einmalige Sache war.

Und natürlich war auch der Verdienst von Friedrich Merz ein Thema.

Manuela Schwesig greift den CDU-Mann direkt an und wirft ihm vor bei einem Unternehmen „Kasse gemacht“ zu haben, das aktiv bei massenhafter Steuerhinterziehung geholfen haben soll. Sie habe in ihrem früheren Job als Steuerfahnderin erleben müssen, dass große Firmen sich bequem aus der Verantwortung gezogen hätten, während Pendler vom Finanzamt gefragt werden, ob sie nun „70 oder 65 Kilometer zur Arbeit fahren“.

Gegen den Satz „Sie haben Kasse gemacht“ verwehrt sich Merz dann doch, will sich für seinen beruflichen Erfolg allerdings nicht rechtfertigen. Gerne hingegen gäbe er dem Staat etwas zurück, schließlich habe er seine beiden Staatsexamen auf staatlichen Hochschulen gemacht.