In der afghanischen Hauptstadt Kabul ist es zu einem Selbstmordanschlag auf einen Bundeswehrkonvoi gekommen. Foto: EPA

Es sollte ein besinnlicher Besuch in der Adventszeit sein. Doch dann wird die Ankunft von Verteidigungsminister de Maizière im Norden Afghanistans von einer Schreckensnachricht aus Kabul überschattet.

Es sollte ein besinnlicher Besuch in der Adventszeit sein. Doch dann wird die Ankunft von Verteidigungsminister de Maizière im Norden Afghanistans von einer Schreckensnachricht aus Kabul überschattet.

Kabul/Masar-i-Scharif - Ein Anschlag auf deutsche Soldaten in Kabul hat den traditionellen Weihnachtsbesuch von Verteidigungsminister Thomas de Maizière im Norden Afghanistans überschattet. Am Flughafen der Hauptstadt jagte sich ein Selbstmordattentäter aus den Reihen der radikalislamischen Taliban am Mittwochmorgen mit seinem sprengstoffbeladenen Auto in unmittelbarer Nähe eines Bundeswehr-Konvois in die Luft. Die Soldaten blieben unverletzt. Allerdings beschädigte die Autobombe zwei der fünf angegriffenen Fahrzeuge, eins davon schwer. Es war der erste schwere Anschlag auf die Bundeswehr in Kabul seit Jahren.

Eine Stunde vor dem Attentat war de Maizière im mehrere hundert Kilometer entfernten Masar-i-Scharif zu einem Truppenbesuch eingetroffen. Er nannte den Anschlag besorgniserregend. „Die Sicherheitslage bleibt labil. Aber es ist kein Grund, jetzt von unserem Kurs abzuweichen“, sagte er. „Die Sicherheitslage in Afghanistan wird wahrscheinlich nie so werden, wie wir das in Deutschland gewöhnt sind.“

Der Minister betonte, dass sein persönliches Sicherheitsgefühl durch den Anschlag nicht beeinträchtigt sei. „Alles was deutschen Soldaten zugemutet wird, muss ich mir selber auch zumuten“, sagte er. De Maizière ist in Afghanistan in den gleichen Fahrzeugen unterwegs, die in Kabul attackiert wurden.

Laut internationaler Schutztruppe Isaf wurde der Angreifer getötet. „Die Explosion war sehr stark und hat noch weiter entfernte Häuser erschüttert“, sagte ein Anwohner in Kabul der Nachrichtenagentur dpa. Die Taliban bekannten sich zu dem Attentat. Ein „Gotteskrieger“ habe die Militärkolonne angegriffen, teilte ihr Sprecher Sabiullah Mudschahid mit.

Die Bundeswehr ist noch mit 3400 Soldaten in Afghanistan vertreten, die meisten davon im Norden des Landes. Im Isaf-Hauptquartier und einem weiteren Lager in Kabul sind 291 deutsche Soldaten stationiert. Die Nato will Ende 2014 ihren Kampfeinsatz beenden und dann noch mit 8000 bis 12 000 Soldaten zur Beratung und Ausbildung der afghanischen Sicherheitskräfte im Land bleiben. Deutschland will 600 bis 800 Soldaten für die Mission „Resolute Support“ (Entschlossene Unterstützung) abstellen.

Die Voraussetzungen dafür sind aber noch nicht erfüllt. Die Nato und die USA fordern von Präsident Hamid Karsai eine rasche Unterzeichnung eines Abkommens, das die ausländischen Soldaten vor Strafverfolgung durch die afghanischen Behörden schützt. De Maizière sagte, eine Unterschrift erst nach der Präsidentschaftswahl im April sei „sicher zu spät“.

Für de Maizière war es der 14. Afghanistan-Besuch

Gleichzeitig warnte der amtierende Minister aber davor, den afghanischen Präsidenten Karsai öffentlich zu sehr unter Druck zu setzen. „Alle Seiten wissen, dass wir rasch dieses Abkommen brauchen. Öffentlicher Druck führt nach meiner Kenntnis der Person des Präsidenten Karsai und der afghanischen Mentalität nicht zu einer Beschleunigung.“

Die USA drängen Karsai dazu, das Sicherheitsabkommen noch in diesem Jahr zu unterzeichnen. Sie drohen mit einem Abzug aller Soldaten aus Afghanistan bis Ende 2014 und der Streichung finanzieller Hilfsmittel. „Sie können nicht die Entscheidung, ob man 600 bis 800 Soldaten in Afghanistan hat, (.) im Oktober, November fällen, wenn es im Januar losgeht“, betonte de Maizière. „Ich möchte jetzt aber auch keinen Zeitraum sagen, wann wir planerisch einen letzten Punkt haben, bei dem es nicht mehr geht. Das wäre auch taktisch nicht klug.“

Für de Maizière war es der 14. Afghanistan-Besuch seit seinem Amtsantritt als Verteidigungsminister 2011. Neben dem letzten von einst drei großen deutschen Feldlagern in Nordafghanistan, dem Camp Marmal in Masar-i-Scharif, besuchte er auch das afghanische Camp Schaheen, wo er sich die Ausbildung afghanischer Soldaten ansah.

Gut vier Jahre nach dem umstrittenen Luftangriff von Kundus sind die Schadenersatzforderungen von Hinterbliebenen vor Gericht zurückgewiesen worden. Der Angriff auf zwei von Taliban-Kämpfern gekaperte Tanklastwagen war im September 2009 von Bundeswehr-Kommandant Georg Klein angeordnet worden. Damals kamen etwa 100 Menschen ums Leben, darunter viele Zivilisten. Das Bonner Landgericht urteilte am Mittwoch in einem ersten Zivilprozess dieser Art, dass Oberst Klein „keine schuldhafte Verletzung vom Amtspflichten“ vorzuwerfen sei.

Klägeranwalt Karim Popal kündigte an, in die Berufung zu gehen. Nach Angaben des Verteidigungsministeriums wurden als humanitäre Leistung bereits 90 Mal je 5000 US-Dollar (rund 3800 Euro) an afghanische Familien gezahlt - insgesamt etwa 350 000 Euro.