Der amtierende Gouverneur von Kundus, Hamdullah Daneschi. Foto: dpa

Der Fall von Kundus hat die Nato aufgeschreckt. Erstmals haben die Taliban für wenige Tage eine Provinzhauptstadt in Afghanistan erobert. Der Gouverneur ruft nun um Hilfe.

Kundus - Nach der Taliban-Offensive in Kundus hat der amtierende Gouverneur die Rückkehr der Bundeswehr in die Unruheprovinz gefordert. „Wir machen sie nicht für den Fall von Kundus verantwortlich, aber wir sind enttäuscht darüber, dass sie uns alleine gelassen haben“, sagte Hamdullah Daneschi der Deutschen Presse-Agentur am Telefon. „Wir würden uns sehr wünschen, dass die Deutschen zurückkommen.“

Amnesty International warf den Taliban Morde, Vergewaltigungen und Entführungen nach der Eroberung von Kundus vor. Im Osten Afghanistans kamen beim Absturz eines Militär-Transportflugzeugs sechs US-Soldaten und fünf Zivilisten ums Leben. Die radikalislamischen Taliban behaupteten, den Flieger abgeschossen zu haben.

Die Aufständischen hatten Kundus Anfang der Woche erobert, wurden am Donnerstag aber wieder von Regierungstruppen vertrieben. Die Bundeswehr war vor zwei Jahren aus der Provinz abgezogen. Rund 700 deutschen Soldaten sind 150 Kilometer entfernt in Masar-i-Scharif stationiert.

„Wir haben den Deutschen mehrfach gesagt, dass wir sehr besorgt über ihren Abzug sind“, sagte Daneschi. „Wir wussten, dass wir die Lage nicht alleine würden kontrollieren können. Aber sie haben uns alleine gelassen. Die Entscheidung, aus Kundus abzuziehen, war verfrüht.“

Daneschi erhob auch Vorwürfe gegen die Zentralregierung von Präsident Aschraf Ghani in Kabul. „Warum hat die Regierung nicht aufgepasst, als wir unsere Sorgen ausgedrückt haben?“

Amnesty forderte einen Sicherheitskorridor, damit Zivilisten die Stadt verlassen könnten. Zudem müssten Hilfsorganisationen besseren Zugang zu den Opfern bekommen. Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen beklagte eine schlechte Versorgung der Krankenhäuser in der Stadt.