Am Albtrauf werden Kirschen von den Streuobstwiesen feilgeboten. Doch häufig werden die Schätze der Natur nicht gewürdigt Foto: Horst Rudel

Auf den Obstwiesen zwischen Alb und Neckar klafft eine schwer zu schließende Lücke. Die Bienen machen zuverlässig ihren Job. Der Mensch dagegen schwächelt. Nur ein geringer Teil der Erträge wird geerntet.

Beuren - Auf den Obstwiesen zwischen Alb und Neckar klafft eine schwer zu schließende Lücke. Die Bienen machen ihren Job - unermüdlich, effektiv und mit hoher Zuverlässigkeit. Der Mensch dagegen schwächelt seit Jahren. Das Ergebnis fasst Klaus Wallner vom Institut für Bienenkunde der Uni Hohenheim auf der Fachtagung „Mehr als Honig – ökologisch-ökonomischer Nutzen von Honig und Wildbienen am Beispiel der Obstwiesen zwischen Alb und Neckar“ in einem Satz zusammen. „Die flächendeckende Bestäubung durch die Bienen liefert Erträge, die uns lästig geworden sind“, sagt er.

90 Prozent der Äpfel, Birnen und Kirschen, so schätzt der Wissenschaftler, fallen überreif von den Bäumen. Den Verbraucher plage das nicht, sagt Wallner. Nur so lasse sich erklären, dass im Supermarkt der schrumpelige Apfel von der Streuobstwiese gegen den stromlinienförmigen Neuseeländer keine Chance habe, dass die Kunst des Eindünstens ob des Massenangebots an Billigkonserven verloren gehe und dass das Geschmackserlebnis eines guten Mostes aus der Mode gekommen sei.

Um den Verbraucher auf den Geschmack zu bringen und um die Produkte von der Obstwiese ins Bewusstsein zu rücken hat die Akademie für Natur- und Umweltschutz Baden-Württemberg zu der Fachtagung ins Freilichtmuseum nach Beuren eingeladen. „Es geht uns auf der einen Seite um die Bewahrung der Natur- und Kulturlandschaft, auf der anderen Seite aber auch um die Wertschätzung für die Leistung der Imker und der Obst-und Gartenbauvereine“, sagt die Tagungsleiterin Brigitte Schindzielorz.

Der Wertschätzung der 60 Veranstaltungsteilnehmer, sofern sie nicht schon vorhanden war, kann sich die Honigbiene nach dem Vortrag von Alexander Guth, dem Obmann für Naturschutz, Umwelt und Bienenweide des Landesverbandes Deutscher Imker gewiss sein. Der direkte Nutzen von Honig, Bienenwachs, Blütenpollen und Gelée Royal ist bekannt. Die Bestäubungsleistung der Bienen übersteige den Wert der von ihnen gewonnenen Honigprodukte um ein Fünfzehnfaches. Der volkswirtschaftliche Nutzen der fliegenden Dienstleister betrage hochgerechnet rund zwei Milliarden Euro im Jahr. Darüber hinaus leisteten die Bienen einen wichtigen Beitrag zur Erhaltung der Artenvielfalt, über den eigenen Tod hinaus. Pro Tag und Volk sterben rund 2000 Bienen eines natürlichen Todes. Deutschlandweit fallen täglich rund eine Milliarde Bienen vom Himmel. Das sind 150 Tonnen Bienenfleisch - ein warmer Nahrungsregen für alle Insektenfresser am Boden.

Guths Worten zufolge gibt es nicht nur auf der Obstwiese, sondern auch in den Köpfen eine Kluft zu überwinden. „Wenn wir den Bienenschutz als wichtiges gesellschaftliches Anliegen verstehen, dann müssen wir auch danach handeln“, fordert er. Das könnten die Pflanzungen von Blühinseln ebenso sein, wie schärfere Auflagen für den Gebrauch von Insektiziden und eine bessere Kennzeichnung von Pflanzenschutzmitteln.