Das Röhm-Areal verfügt insgesamt über zwölf Backsteingebäude und zwei Fachwerkhäuser. Foto: Frank Eppler/ (2), Ingrid Sachsenmaier

Beim Tag des offenen Denkmals kamen rund 30 Besucher, um sich in der ehemaligen Lederfabrik Röhm in Schorndorf umzuschauen.

Er ist schon gute Tradition – der Blick hinter die Kulissen des Röhm-Areals in Schorndorf. Jedes Jahr öffnen sich am zweiten Septembersonntag im Rahmen des Tags des offenen Denkmals die Türen des imposanten, direkt an der Rems gelegenen Gebäudeensembles. Auch dieses Jahr stieß die Führung am Sonntagmorgen auf reges Interesse: Rund 30 Teilnehmer ließen sich von Tanja Fuchslocher durch und in die insgesamt zwölf Backsteingebäude und zwei Fachwerkhäuser führen.

Erstaunlicherweise handelt es sich aber bei der 1866 erbauten und 1973 stillgelegten Lederfabrik eigentlich gar nicht um denkmalgeschützte Gebäude: Eine historische Backsteinfassade macht aus einem Gebäude nämlich noch lange kein Kulturdenkmal.

Sanierung „ohne einen Euro Fördermittel“

Die Fabrikanlage Röhm befindet sich auf einem rund 2,5 Hektar großen Gelände nahe der Bahnlinie. Sie ist seit gut 150 Jahren in Familienbesitz. Seit 2002 saniert Jürgen Groß die Gebäude, „bisher ohne einen Euro Fördermittel“. Er geht dabei sehr sensibel, verantwortungsvoll und konservierend mit der Substanz um, hat viele Vorgaben des Brandschutzes zu beachten, aber keinerlei Auflagen des Denkmalschutzes. „Dr. Groß will auch keinen Antrag auf Denkmalschutz stellen“, erzählte seine Mitarbeiterin Tanja Fuchslocher den erstaunten Besuchern.

Für Schorndorf bot die Lederfabrik in ihren besten Zeiten rund 400 Arbeitsplätze. Auch heute wird dort wieder gearbeitet, nun aber vornehmlich kreativ. Über 70 Firmen sind in den bereits sanierten Gebäuden und auf ausgesuchten Geschossen eingezogen – erst ein Fitnessstudio, dann Möbeldesigner, Architekten, Künstler, ein Fotograf und drei Geschäfte für Secondhand-Kleidung und Schmuck. Bald soll in das Feuerwehrhaus der Fabrik ein „Blumenlädle“ einziehen.

Für Veranstaltungen kann außerdem ein Raum im Erdgeschoss gemietet werden: Dort wird an den Holztischen der einstigen Kantine gefeiert. Im Raum daneben könnte, so die Idee und der Wunsch von Jürgen Groß, dauerhaft ein Gastronom einziehen, erzählt Tanja Fuchslocher: „Für externe Besucher, aber auch als Angebot und Location für unsere Mieter.“

Tiere aus Stallhaltung wurden bevorzugt

Fuchslocher selbst lebt das „Projekt Röhm-Areal“. Sie erklärt bei der Führung, wie dort früher gearbeitet, gegerbt, gefärbt und geheizt wurde. Sie führt zu den alten, bei Bedarf noch betriebstüchtigen Dampfkesseln und Dampfturbinen. Und sie zeigt die noch sichtbaren Gruben und beschreibt den Prozess des für die Röhm’sche Fabrik typischen vegetativen Gerben – in den Anfangsjahren noch mit heimischer Eichen- und Fichtenrinde, später kam sie aus Kalifornien. „Hermann Röhm wollte nur Tiere aus Stallhaltung für seine Lederverarbeitung, am liebsten aus dem Allgäu“, erfuhren die aufmerksamen Zuhörer. Bei Tieren, die auf der freien Weide gehalten werden, gäbe es nämlich an der Haut und am Fell oft Narben: Man müsse sich die aufwendige Arbeit nicht komplizierter machen. „Zum Lagern der Haut benötigte man viermal so viel Salz wie das Lebendgewicht des Tiers betrug“, stellte Fuchslocher die langwierige Arbeit der Gerber dar.

Und warum musste nun ein Fluss in der Nähe sein? Die Häute wurden mit speziellen Werkzeugen von Haaren und Unreinheiten befreit. Verwertet wurde nahezu alles, „mit Rosshaaren wurde etwa damals gedämmt“. Getrocknet wurde das Leder anschließend über sogenannten Nagelbrettern im ersten Stock. Einen Aufzug gab es damals nicht, mittlerweile ist jedoch einer eingebaut. Und die Nagelbretter werden ebenso anderweitig verwendet, etwa von Künstlern zum Ausstellen ihrer Werke.

Der Boden wurde mit Ochsenblut gefärbt

Zwei Hochöfen gehören zur Lederfabrik, imposant prägen sie noch das Kesselhaus. Es wird gerne für Film- und Werbeaufnahmen genutzt. Auf der anderen Seite der Weiler Straße steht das dazugehörende Kohlehaus: Die Lederfabrik war autark, nicht nur was die Stromherstellung anbelangt, es gab auch eine eigene Waage und einen Fuhrpark. Vom Firmengelände aus ging die Ware direkt in den Verkauf. Wo früher das Büro war, ist es heute wieder. Der rote Boden blieb, „ein Holzestrich, gefärbt mit Ochsenblut“.

Wer nun selbst neugierig geworden ist: Dreimal im Jahr bietet die Stadt Schorndorf eine Führung im Röhm-Areal an, die nächste am 9. Oktober. „Das Röhm“ öffnet zudem am kommenden Samstag, 17. September, im Rahmen der Schorndorfer Kunstnacht.

Weitere Infos unter www.das-roehm.de .