Malerisch ist der Blick auf die Innenstadt vom Kriegsbergturm aus. Foto: Lichtgut/Achim Zweygarth

Bismarckturm, Karlshöhe, Teehaus - Dank seiner Kessellage hat Stuttgart Vogelperspektiven en masse zu bieten. Viele sind gut bekannt und oft gesehen, doch es gibt auch noch Geheimtipps. Und einer öffnet am Tag des offenen Denkmals am 11. September.

Stuttgart - Wie eine winzige Burg liegt er da, der Kriegsbergturm. Fast könnte man meinen, dass Rapunzel jeden Moment ihr Haare herunterlassen müsste. Doch dem ist natürlich nicht so. Das niedliche Türmchen bleibt viele Wochen im Jahr verschlossen, und Besucher treffen sich in dieser Zeit höchstens vor seinem Tor. Es sei denn, Türmerin Ulrike Plate ist da und hat aufgeschlossen - wie etwa am Sonntag in einer Woche von 11 bis 17 Uhr. „Gemeinsam Denkmale erhalten“ ist das Motto des diesjährigen Denkmaltags.

Carl Weigle baute den Geheimtipp

„Wenn ich da bin, kommt immer mal jemand vorbei, der gern hochsteigen möchte“, berichtet die Mitarbeiterin im Landesamt für Denkmalpflege und Patin des Turms. Die Aussicht von hier sei halt etwas ganz Besonders, schwärmt sie - und sie hat recht. Fast alle wichtigen Sehenswürdigkeiten der Innenstadt kann man von der Erhöhung des gut 350 Meter hohen Kriegsberg aus erspähen. Und weil der Turm an der Ecke am Kriegsbergturm/Eduard-Pfeiffer-Straße viel näher dran ist, als der Bismarckturm, sticht er dessen berühmtes Panorama sogar noch aus.

Hausherr ist der Heimat und Verschönerungsverein, für den Plate hier immer mal nach dem Rechten schaut. Der Geheimtipp unter den Aussichtspunkten wurden vom königlichen Baurat Carl Weigle im Auftrag des Verschönerungsvereins gebaut. Das war 1895. Der Verein hatte damals quasi die Funktion eines städtische Gartenbauamts.

„Erst im 19. Jahrhundert wurde das Thema Spaziergang richtig entdeckt“, erzählt die Fachfrau. Wie populär die Betätigungsform war, zeigt sich etwa darin, dass allein der Künstler Auguste Renoir sie gleich mehrfach auf Leinwand verewigte. „Zu der Zeit wurden überall Aussichtstürme gebaut und Plätze am Stadtrand eingerichtet“, führt Plate weiter aus.

Immer mal wieder läuft Wasser durchs Dach

In Stuttgart entstand etwa die Uhlandshöhe, der berühmte Hasenbergturm, der im Krieg zerstört wurden, und eben auch der Kriegsbergturm, der sich auf den ersten Blick hinter Bäumen versteckt. Die Stadt übernimmt die Hauptpflege des Kleinods, doch zwischen dem Großreinemachen legt immer mal der Verschönerungsverein Hand an, räumt Müll von nächtlichen Gelagen weg und schaut nach der Erhaltung.

Zu tun ist einiges, denn im Anbau läuft immer mal Wasser durchs Dach und hier und da bröselt die Oberfläche der Steine. „Das kann man wieder anbinden, indem man dem Stein das Bindemittel zurück gibt, das ihm fehlt“, erklärt Steinrestaurator Otto Wolpert. Die letzte Renovierung sei rund 30 Jahre her, da sei das normal, versichert er. Kosten für solche Arbeiten trägt zu großen Teilen der Verein aus den Mitgliedsbeiträgen. 580 Mitglieder hat er in Stuttgart, 30 Euro im Jahr kostet die Mitgliedschaft. Die Besichtigung am Tag des Offenen Denkmals ist kostenfrei.

850 Veranstaltungen landesweit

Landesweit werden am 11. September rund 850 Veranstaltungen angeboten. Für Stuttgart listet die Broschüre allein fünf Seiten mit 30 Denkmälern. Dem Turm ist ein ganzes Kapitel gewidmet, genau wie dem IBM-Campus von Egon Eiermann aus den 1960er Jahren. Daneben gibt es Klassiker wie die Solitude und die Grabkapelle auf dem Württemberg, mehrere Kirchen, einige Schulen und Gedenkstätten, aber auch jüngere Perlen der Architekturgeschichte.

Einen Veranstaltung hebt Plate besonders hervor: Herbert Medek von der Unteren Denkmalbehörde stellt Klein und Kulturdenkmale im Pfaffenwald vor. Jeweils um 10 Uhr und um 14 Uhr startet der rund fünf Kilometer lange Rundgang. Stationen sind das Demmler-Denkmal, historische Grenzsteine, Kanäle der historischen Stuttgarter Wasserversorgung und ein Bauwerk aus der Römerzeit. Plate schwärmt vor allem von dem Denkmal, „Das ist ein tolles Ding.“ Es erinnere an den Unfalltod des 13-jährigen Veit Demmler, sei rund vier Meter hoch und fast 400 Jahre alt.