Restaurator Moritz Paysan erklärt bei einer Führung durch die Uhrensammlung des Landesmuseums die Techniken beim Restaurieren von alten Uhren. Foto: Michael Latz/Michael Latz

Das Landesmuseum gewährt Einblicke in die facettenreiche Arbeit seiner Restauratoren. Diese brauchen nicht nur viel Fingerspitzengefühl, sondern auch technisches Verständnis.

Stuttgart - Wie ein dichter Rasen aus winzig kleinen weißen Nadeln überzieht eine dünne Salzschicht die Rückseite einer alten Ofenkachel, aus der ein paar rostige Nägel hervorstehen. Riecht man daran, steigt einem ein milder Essiggeruch in die Nase: „Das ist Essigsäure“, sagt Restauratorin Eva Sulzer. Obwohl die Essigsäure in den historischen Ofenkacheln aus der Keramiksammlung des Landesmuseums Württemberg in Ludwigsburg eigentlich gar nichts verloren hat, ist sie mutmaßlich dafür verantwortlich, dass nun Salze aus der Kachel austreten und das Objekt schädigen. „Das Salz steigt an die Oberfläche und dabei kann zum Beispiel die Glasur abspringen,“ erklärt die Restauratorin für Archäologie und Kunsthandwerk in der Werkstatt des sogenannten Entrostungsbereichs.

Wer wollte, konnte am Sonntagnachmittag im Landesmuseum Württemberg im Alten Schloss den Restauratoren des Museums über die Schultern blicken. Im Rahmen des „2. europäischen Tags der Restaurierung“ fanden zahlreiche Führungen statt, die einen Blick auf die facettenreiche Arbeit der Restauratoren am Landesmuseum ermöglichten. Der Tag soll, so der veranstaltende Verband der Restauratoren, „das öffentliche Bewusstsein für die Schlüsselrolle der Restauratoren in der Kulturguterhaltung schärfen“.

Am Sonntag erfuhr man zum Beispiel auch, welche Maßnahmen nötig waren, die rund 700 Glasobjekte der Ausstellung „Glas aus vier Jahrtausenden“, die derzeit geschlossen ist, vor den Umbauten an der Dürnitz zu schützen. Zuvor, so erklärt die Leitende Restauratorin, Monika Harte, seien dazu Vibrationsmessungen durchgeführt worden. Das Ergebnis: Die leicht zerbrechlichen Glasexponate wurden allesamt auf Kissen gebettet und bei dieser Gelegenheit gleich gereinigt.

Die Uhr, die bergab rollt

Unten im Uhrengewölbe erklärt Restaurator Moritz Paysan unterdessen, wie eine Schwerkraftuhr aus dem 17. Jahrhundert konserviert wird. „Jede Zerlegung einer Uhr führt zu einer Belastung“, erklärt der Restaurator für kunsthandwerkliche und archäologische Objekte. Bei der Schwerkraftuhr, die auf einer schiefen Ebene von selbst binnen 24 Stunden bergab rollt, komme deshalb eine Computersimulation zum Einsatz. „So können die Vorgänge in der Uhr simuliert werden“, sagt Paysan. Grundsätzlich werde im Landesmuseum zur Reinigung der historischen Uhren das Uhrwerk komplett zerlegt und wieder zusammengesetzt. Eine Arbeit, für die viel Fingerspitzengefühl nötig ist.

Spektakulär ist derzeit auch die Restaurierung des monumentalen Aufsatzes eines Altars aus dem Zisterzienserkloster Lichtenstern. Wegen seines fragilen Zustands konnte das Retabel seit Längerem nicht mehr ausgestellt werden. Das soll sich dank eines interdisziplinären Projekts nun bald ändern.

In der Entrostungswerkstatt erklärt inzwischen Restauratorin Eva Sulzer den Zuhörern, woher eigentlich die nach Essig riechenden Salze in den historischen Ofenkacheln herkommen: „Die Keramiken liegen in Holzschränken“, so Sulzer. Die wiederum mit Holzleim verklebt sind. Und aus diesem wandert, vereinfacht gesagt, die Essigsäure mitsamt den spezifischen Salzen in die Keramik. Als Gegenmaßnahme müssten die Stücke deshalb nun erst einmal für mehrere Monate ins Wasserbad.