Torsten Klein hat eine transplantierte Leber und wirbt für den Organspendeausweis. Foto:  

Torsten Klein aus Notzingen im Kreis Esslingen lebt seit mittlerweile 38 Jahren mit einer transplantierten Leber. Wie geht es ihm heute? Der Tag der Organspende an diesem Samstag, 7. Juni, rückt Geschichten wie diese in den Blick.

Dieser Artikel ist zum ersten Mal am 2. Juni 2023 erschienen.

 

Von einem Tag auf den anderen kann sich das Leben ändern. Torsten Klein aus Notzingen hat das erlebt. Als 17-Jähriger erhielt er die Diagnose Morbus Wilson – ein genetischer Defekt, der zur Zersetzung der Leber führen kann. Überlebt hat er nur dank einer Organspende. 2023, knapp 37 Jahre später, lebt der fröhliche und aktive Mann „ein ganz normales Leben“.

Dabei war er dem Tod schon ziemlich nah. Im Juli 1986 war er mit seinem Vater an den Bodensee und zurück geradelt. Am Abend waren die Beine geschwollen und die Augen leicht gelblich, erinnert sich der 54-Jährige. Der anfängliche Verdacht des Hausarztes, es könnte sich um eine Hepatitis handeln, bestätigte sich jedoch nicht. Wochenlang wurde der Jugendliche durchgecheckt, bis ihm die Ärzte im Krankenhaus mitteilten, er leide an einer seltenen Erbkrankheit: Bei Morbus Wilson kann der Organismus kein Kupfer abbauen. Es sammelt sich daher in der Leber an und schädigt sie dauerhaft.

Nur die Narbe erinnert ihn an den Eingriff

Zunächst versuchten die Ärzte, das fehlende Enzym durch Medikamente zu ersetzen. „Bald aber war klar, dass ich ohne Organspende nicht überleben kann“, erzählt Klein. Er wurde weit oben auf die Warteliste gesetzt – und hatte Glück: Schon vier Wochen später verkündeten ihm die Ärzte in der Tübinger Uniklinik, es sei eine Leber für ihn da. „Vermutlich stammt sie von einem tödlich verunglückten Motorradfahrer“, hat Klein recherchiert.

Zwölf Stunden dauerte die Operation, die Zeit danach war zunächst schwierig. Prognosen gaben die Ärzte damals keine ab. „Eine so lange Überlebensdauer hat wohl niemand erwartet“, sagt Klein rückblickend. Eigentlich würde ihn nur die Narbe am Bauch an die transplantierte Spenderleber erinnern. „Ich bin beschwerdefrei.“ Einmal im Jahr lasse er sich medizinisch durchchecken und achte auf seine Gesundheit. Sorgen um die Zukunft mache er sich nicht. „Ein bisschen Gelassenheit ist nicht schlecht.“

Die Zeit im Krankenhaus hat ihn geprägt. Seit 1988 ist Klein ehrenamtlich bei den Maltesern Kirchheim engagiert – weil er die geschenkte Zeit sinnvoll nutzen will, wie er betont. Er hat eine Ausbildung zum Rettungssanitäter gemacht und fährt neben seinem eigentlichen Job als Maschinenbauer Einsätze. Ein Organtransport sei allerdings noch nicht darunter gewesen, räumt er ein. Dabei sind die Malteser dafür ausgewiesene Spezialisten: Seit 2018 bringen sie im Auftrag der Deutschen Stiftung für Organtransplantation (DSO) Spenderorgane und teilweise auch das Operationsteam von Krankenhaus zu Krankenhaus.

Rund vier Stunden. Von der Entnahme eines Spenderherzens oder einer Lunge bis zur Verpflanzung des Organs im Körper des Empfängers. Mehr Zeit bleibt den erfahrenen Fahrern aus dem Rettungsdienst nicht für den Transport – egal, wie weit der Weg auch ist. „Die Zeit, in der die entnommenen Organe nicht durchblutet werden, muss so kurz wie möglich sein“, begründet Joachim Fässler, der Geschäftsführer des Malteser Rettungsdienstes Bezirk Stuttgart, die Eile.

Üblicherweise erfolge der Transport mit dem Auto, je nach Notwendigkeit und Entfernung manchmal aber auch mit dem Flugzeug oder Hubschrauber, berichtet Fässler. „Wir Malteser bringen die Organe zu Kliniken in ganz Deutschland, manchmal übernehmen wir auch Fahrten nach Belgien oder Österreich.“ Das Haupteinsatzgebiet aber sei Baden-Württemberg.

Die DSO, die für Kliniken in Deutschland 365 Tage rund um die Uhr erreichbar ist, übernimmt die Koordination. „Bevor wir für einen Organtransport losfahren, muss zum Beispiel schon geklärt sein, wer ein Organ erhält, in welchem Zustand die Patientin oder der Patient ist und wie die operierenden Ärzte schnellstmöglich in die entsprechende Klinik kommen“, erläutert Fässler. „Sobald die Organe entnommen wurden, werden sie in sterile Tütensysteme verpackt und in speziellen, mit Eis gefüllten Styroporboxen befördert.“ Wenn bei einem Menschen verschiedene Organe entnommen wurden, gehe es manchmal mit mehreren Autos an unterschiedliche Standorte.

Rund 8500 Menschen warten auf ein Spenderorgan

Die Stuttgarter Malteser haben 2022 insgesamt 166 Einsätze für die DSO gefahren. Fässler würde sich mehr Aufträge wünschen, um mehr Menschen helfen zu können. Doch es mangelt hierzulande an Spenderorganen. Nach Angaben von Eurotransplant warten derzeit 8474 Menschen in Deutschland auf ein lebensrettendes Organ, davon 997 in Baden-Württemberg. Auf das Thema soll der „Tag der Organspende“ an diesem Samstag aufmerksam machen.

Klein wirbt für den Organspendeausweis. Aber nicht mit missionarischem Eifer. „Ich will niemanden bekehren. Aber ich will, dass sich jede und jeder informiert, sich Gedanken über eine Organspende macht und sich dann entscheidet: Kommt das für mich infrage oder nicht .“

Auch heute, zwei Jahre nach dem Interview, lebt Torsten Klein noch gut mit seiner Spenderleber. Darüber berichten die Malteser. Demnach ist Klein seit diesem Jahr auch im Team der Malteser Stuttgart aktiv und bringt lebensrettende Organe zum Zielort. „Es freut mich, dass ich so ein kleiner Teil in der Kette der Organspende sein kann. Da es mir so gut geht, mache ich das gerne und es ist ein gutes Gefühl. Ich hoffe, dass durch meine Mitarbeit anderen Organempfängern auch noch viele gute und gesunde Jahre geschenkt werden können“, wird Torsten Klein zitiert. 

Organspende in Deutschland

Rechtslage
Für eine Organspende müssen zwei Voraussetzungen erfüllt sein: Einerseits muss der Tod durch den Nachweis des irreversiblen Hirnfunktionsausfalls, der so genannte Hirntod, zweifelsfrei nach den Richtlinien der Bundesärztekammer festgestellt worden sein. Andererseits muss eine Einwilligung zur Organspende vorliegen. Die ist nur möglich, wenn sich die Spenderinnen und Spender zu Lebzeiten ausdrücklich dafür entschieden haben oder wenn die Angehörigen zustimmen.

Organspender
2022 haben deutschlandweit 869 Menschen nach ihrem Tod ein oder mehrere Organe gespendet. Von Januar bis April dieses Jahres gab es bisher 311 Organspender. Das ist gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres zwar ein leichter Anstieg, insgesamt aber noch immer ein recht niedriges Niveau. In Baden-Württemberg stieg die Zahl der sogenannten postmortalen Organspender in diesem Zeitraum von 120 auf 153.

Spendenbereitschaft
Laut aktuellen Studienergebnissen der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) stehen 8 von 10 Befragten der Organspende positiv gegenüber. Dennoch fehlt oft der letzte Schritt, die eigene Entscheidung auch zu dokumentieren: Nur 40 Prozent hatten im Jahr 2022 einen Organspendeausweis.