Nein, die Teller an der Decke, im kleinundfein in der Innenstadt, sind nicht echt Foto: Hörner

Trotz Facebook - um sich eine eigene Meinung zu bilden, muss man selbst hingehen.

Als Erstes war eine Facebook-Seite. In dem Internet-Netzwerk sind nicht mehr einfach nur Privatmenschen, sondern auch immer mehr Firmen und Marken vertreten. Neuerdings auch Restaurants, von denen man "Fan" werden kann. So zum Beispiel vom neuen kleinundfein in der Kronenstraße. Auf dieser Internetseite konnte man fortan jeden Schritt verfolgen. Zusehen, wie die Räume renoviert wurden. Wie die Eckbänke mit einem gestreiften Filz eingekleidet wurden. So funktioniert das nun also bei Restaurants im digitalen Zeitalter. Aber selbst wenn man die vielen Fotos von schön eingedeckten Tischen und toll arrangierten Speisen gesehen hat, hilft nur hingehen, um sich eine Meinung zu bilden.

Erster Eindruck in der realen Welt: Etwas abseits gelegen, aber doch mitten in der Stadt. In unmittelbarer Nähe zum Katharinenhospital ist das kleinundfein. Betreiberin Brigitte Alkan-Reimann weiß, was sie hier macht. Schließlich stammt sie aus einer Gastronomen-Familie. Ihre Mutter bietet in der Kochenbas im Stuttgarter Süden schon seit sehr vielen Jahren schwäbische Traditionsküche. Tochter Brigitte ist nun nach 17 Jahren in der Familiengastronomie flügge geworden und will im kleinundfein Schwäbisches modern interpretiert haben. Auch wenn es platt erscheint: Hier ist alles klein und fein. Es gibt gerade mal acht Tische mit rund 30 Sitzplätzen. Eine Fototapete klebt an der Decke, darauf gibt es Delfter Porzellan in Blau-Weiß zu sehen.

Unsere Augen kleben erst einmal an der Karte. Klein ist sie, und ja, fein auch. Die wöchentlich wechselnde Speisekarte, die saisonal und regional ausgerichtet ist, hat auf einer Seite Platz. Dennoch fällt die Wahl schwer. Sebastian Neid kochte lange Zeit an der Seite von Bastian Pfeifer im Gourmetlokal Gui in der Olgastraße. Wir entscheiden uns vorweg für das Tatar von Thunfisch und Avocado, der Wildkräutersalat dazu fällt etwas klein aus. Die Qualität aber ist topp, der Fisch mild im Geschmack. Das lässt sich auch vom Hauptgang sagen: Das Steak vom Thunfisch auf Safrancouscous an gebratenen Paprikastreifen und Kapernschaum ist die perfekte Kombination an einem schönen Sommerabend. Derweil sind die in Rotwein sautierten Kalbsbäckle so zart, dass sie auf der Zunge zergehen. Begleitet werden sie von knackigem Broccoli und einem deftigen, schmatzigen Bratkartoffelstampf, der süchtig machen kann.

Die aufmerksame Servicekraft bringt zum süßen Abschluss noch einen warmen Schokobrownie mit flüssigem Kern, dazu gibt es Erdbeerragout und hausgemachtes Vanilleeis. Das Gegenüber erfreut sich am mit Aprikose gefüllten Kartoffelknödel mit einem hervorragenden Sorbet vom weißen Pfirsich. Ja, hier in der kleinen, realen Welt schmeckt es sehr, sehr fein.

Preis-Leistungs-Verhältnis: Hohe Qualität zu fairen Preisen

Atmosphäre: Hübsche Retroeinrichtung

Küche: Moderne, schwäbische Gerichte

Adresse: kleinundfein, Kronenstr. 45, 70174 Stuttgart, Telefon 0711/7223 23 96, www.klein-fein-stuttgart.de

Öffnungszeiten: Montag bis Freitag 11.30 bis 14.30 Uhr, Freitag und Samstag 18 bis 23.30 Uhr. Sonn- und Feiertag geschlossen. Nach den Sommerferien wird unter der Woche auch abends geöffnet sein. Im Internet gibt es die aktuelle Speisekarte.

Extras: mehrere Tische im Freien.

Anfahrt: verschiedene Stadtbahnlinien bis zur Haltestelle Hauptbahnhof/ Arnulf-Klett-Platz. Für Autofahrer: Parken am besten in den umliegenden Parkhäusern und Tiefgaragen.