Wirtin Anne Hannich hat in ihrem Lokal Rustikalität modern interpretiert. Foto: Michele Danze

Ausflugslokale, in denen auch mal Anspruchvolleres als Wurstsalat und Maultaschen serviert werden, kann Stuttgart gut gebrauchen. Als eine Adresse galt über Jahre das Grünewald in Feuerbach.

Stuttgart - Ausflugslokale, in denen auch mal Anspruchvolleres als Wurstsalat und Maultaschen serviert werden, kann Stuttgart gut gebrauchen. Als eine Adresse galt über Jahre das Grünewald in Feuerbach. Nun ist Wirtin Anne Hannich umgezogen, ins Feuerbacher Tal. Das idyllisch im Wald gelegene einstige Restaurant Mähderklinge hat sie mit viel Liebe zum Detail renoviert und umbenannt: Zum Heurigen.

Wer nun ein zünftiges Wirtshaus erwartet, wird wohl enttäuscht. Denn hier wird Rustikales mit Modernem, Gemütlichkeit mit Eleganz aufs Beste gepaart. Der große Saal gibt den Blick aufs Gebälk frei und wird vom Kamin samt Hirschgeweih dominiert. Der Mix ist gelungen, man fühlt sich wohl.

Einen Mix bietet auch die Küche: „Das Angebot reicht von bodenständiger, schwäbischer Kost über die italienische Kräuterküche bis hin zu österreichischen und französischen Gerichten“, ist auf der Homepage des Lokals zu lesen. So gibt es frittierte Sardinen und Kalbsgulasch, Rindertatar und schwäbischen Wurstsalat, Salat mit Chilihuhn und Tellersülze.

Für Vegetarier ist die angenehm knapp gehaltene Karte zu knapp: Nur zwei Vorspeisen und Kässpätzle (zu stolzen 11,50 Euro) sind fleisch- und fischlos. Die Bedienung bietet an, das Blunzengröstl mit Gemüse statt mit Blutwurst zu servieren. Freundlich. Etwas störend dagegen: Gäste, die nur Wasser trinken (die 0,75-Liter-Flasche zu 4 Euro), werden im Lauf des Abends immer wieder nach Weinwünschen gefragt.

Bei den Vorspeisen, Rote-Bete-Carpaccio (7,50 Euro) mit etwas Rucola und angebratenem Ziegenkäsetaler sowie Friseesalat mit gebratenen Apfelspalten und Blauschimmelkäse (8,50 Euro) hält die reizvolle Optik nicht, was sie verspricht: Es fehlt an Dressing, an Raffinesse.

Auch das Gröstl fällt fad, ja sogar lieblos aus: Ein paar Kartoffelecken mit Paprika-, Zwiebel- und Zucchinistreifen haut man sich zuhause in die Pfanne, wenn‘s mal schnell gehen muss. Den Preis von 12,50 Euro hätten auch Blutwurstscheiben nicht gerechtfertigt. Der Rostbraten hingegen überzeugt: schön mürb, mit knusprigen Zwiebeln und feiner Trollingersoße. Doch auch der Schwabenklassiker ist mit 20,50 Euro im gehobenen Bereich angesiedelt.

„Von der Bauernküche zur Haubenküche“ heißt es auf der Speisekarte. Der Spagat will im Zum Heurigen bisher nicht gelingen. Aber wenn demnächst das Wetter mitspielt und die Gäste im lauschigen Biergarten unter Tannen sitzen, geht das Konzept von Anne Hannich vielleicht auf.

Küche: Spagat zwischen gehoben und deftig

Atmosphäre: Modern und trotzdem urig – zum Wohlfühlen

Service: sehr aufmerksam

Preis-Leistungs-Verhältnis: Gute Qualität, dennoch ein Missverhältnis

Adresse: Zum Heurigen, Mähderklinge 6, 70469 Stuttgart-Feuerbach, Telefon 07 11 / 7 94 00 19, www.heurigen-stuttgart.de

Öffnungszeiten: Dienstag bis Samstag ab 17 Uhr, Küche von 17.30 Uhr an, sonntags von 12.30 Uhr an. Montags Ruhetag.

Extras: Kleines, uriges Nebenzimmer sowie Räumlichkeiten für Veranstaltungen mit bis zu 120 Gästen. Da etwas abgelegen, sitzt man im schönen Biergarten fast schon idyllisch.

Anfahrt: Mit der Buslinie 91 bis zur Haltestelle Mähderklinge. Dann ein paar Minuten zu Fuß. Mit dem Auto: Beim Lokal gibt es einige Parkplätze. Bei schönem Wetter könnte es aber zu Engpässen kommen.