Dominique Gueydan im Coq au vin Foto: Peter Petsch

Das französische Restaurant Coq au vin in Stuttgart-West wird geführt von Dominique Gueydan.

Stuttgart - Der 42er-Bus Richtung Heslach hält vor dem Coq au vin. Ein Stabreim über dem Eingang empfängt den Gast: „frisch, fein, französisch“. Dominique Gueydan, seit 20 Jahren in Stuttgart gastronomisch aktiv, hat sein Bistro zum „Restaurant français“ geadelt. Rote Stofftischdecken auf kleinen Tischen in einem Winkel um die Thekenvitrine. Sympathische Atmosphäre. Zwei Acrylbilder stechen farblich ins Auge, eines in Anlehnung an „Le déjeuner des canotiers“ von Renoir, worauf Ruderer und luftige Damen an der Seine zu Mittag essen.

Vorab eine Willkommensgeste in Gestalt von rötlich-pfeffrigem Boursin mit Croûtons. Runde Scheiben, zwiebacktrocken, nur nicht geröstet. Der junge, noch unfertige Monsieur im Service spricht weitgehend Französisch. Schnell wird klar, hier kultiviert man den französischen Akzent, der die Deutschen so leicht betört. Als damals schmalzlockige Luigis und Giovannis mit theatralischer Gestik ihre Vorstadtschmiere abzogen, hielten verzückte Deutsche das für „typisch italienisch“, was es ebenso wenig war wie das Essen, das sie glücklich gestimmt hat. Inzwischen ist die italienische Komödie einem oft kalt verächtlichen, rein geschäftsmäßigen Drückerton gewichen.

Vorspeisen à la française: Bretonische Fischsuppe mit Knoblauch-Croûtons und Rouille ,maison‘ (7,90 Euro) – angeblich „selbst gemachte Safran-KnoblauchMayonnaise“. (Safran oder Paprikapulver?) Im gravitätischen Speisekarten-Französisch ist es eine „Terrine de faisan ,maison‘ aux châtaignes et sa confiture d’oignon à la crème de cassis“. Im Deko-Deutsch eine „edle hausgemachte Fasanenterrine mit saftigen Kastanien, mit fruchtigem Cassis-Likör und verfeinerter Zwiebelkonfitüre“. Edel, saftig (Kastanien!), verfeinert? Die Terrine war kalt, bröselig, doch ganz gut.

Die sinnleere Anhäufung von vermeintlich positiven Eigenschaftswörtern erweist sich als Hinweis auf das, was nicht ist. Das annoncierte Filet vom Perlhuhn mit „ausgewählten“ Waldpilzen und wässrigem Brokkoli war eine Keule (19,50). Trocken und fad auch „das Beste von der Lammkeule“; sie lag in einer suppigen, Pipérade genannten Zwiebeltomatenpaprikasubstanz (22,50 Euro). Das Kartoffelgratin war gut: frisch.

Verzweiflung scheint auf in manchmal rührender Unbeholfenheit: „Tante Jeannettes Apfelküchle mit feurigem Calvados flambiert und einer leckeren Kugel Vanille-Eis“ (plus Spuren von Karamellcreme). Neutrale Äpfel samt gebutterter Umgebung können gegen die Pyrotechnik von Herrn Gueydan nichts ausrichten. Er vertraut nicht dem Produkt. Kein Chichi kann den Mangel an Frische, an Qualität verschleiern.

War der „Espresso“, der nie heiß war, eine Brühe aus dem Mekong? Der dritte Aufguss von gestern? Ein traumatisches Erlebnis, 2,90 Euro. Vom Ende her betrachtet erscheint der Abend wie ein kläglicher Versuch, sich professionell darzustellen. Schade. Aber leider wahr. Schönreden kann man das nicht.

Adresse: Coq au vin, 70193 Stuttgart, Schwabstraße 127, Telefon 07 11 / 99 33 71 66. www.coqauvin-stuttgart.de

Öffnungszeiten: Dienstag bis Samstag 12 bis 14 und 18 bis 22 Uhr. Sonntag und Montag Ruhetag; ausgenommen geschlossene Gesellschaften.

Extras: Das Lokal kann für geschlossene Gesellschaften gebucht werden.

Anfahrt: Die Buslinie 42 von Hauptbahnhof Richtung Erwin-Schoettle-Platz in Heslach hält direkt vor dem Lokal; Buslinie 42 vom Schoettle-Platz Richtung Schlossplatz hält am Rosenbergplatz, von da zwei Minuten zu Fuß. Parkmöglichkeiten in der Gegend.