Viel Glas erlaubt den Blick vom Unten nach oben Foto: Petsch

Viel Glas erlaubt den Blick vom Restaurant Unten nach oben zum Fernsehturm

Wenn man in dem Lokal mit dem schlichten Namen Unten sitzt und den Kopf in den Nacken legt, kann man durch das Glasdach die Spitze des Fernsehturms sehen. Dies ist ein feiner Gradmesser: Schwankt die Antenne, herrscht Sturm. Oder man hat ein Gläschen zu viel getrunken. Senkt man den Blick und schaut auf den Tellerrand, kann es sein, dass man dort neben dem Emblem des Fernsehturms den Hinweis liest, wonach die Spitze des Stuttgarter Wahrzeichens bei starkem Wind bis zu 150 Zentimeter schwankt.

Man kann also sagen, dass die Betreiber der Lokalität, Alex Deißler und Leif Urtel, Szenegängern als Chefs des ehemaligen Clubs Bravo Charlie bekannt, auch etwas gegen den Bildungshunger tun. Schon der Blick auf den Tellerrand verrät, dass bei der Ausgestaltung und der Ausstattung des Lokals auf der Waldau mit viel Liebe zum Detail ans Werk gegangen wurde. Die Einrichtung ist nüchtern-urban, Grau und Brauntöne dominieren. Ein zufällig vorbeikommender Wanderer wird eine Weile brauchen, bis er mit dem Ambiente warm wird.

Ob der Naturmensch aber wieder kommt, darüber entscheidet weniger die Einrichtung, sondern das, was auf den Tisch kommt. Wir wärmen uns mit einer Tagessuppe (Blumenkohl, 4,50 Euro) und einer Flädlessuppe auf, was auch nötig ist, da die Heizung bei unserem Besuch gestern Mittag noch nicht ihre Betriebstemperatur erreicht hatte. Überhaupt sind wir verblüfft, dass man in einem Lokal, das um 11.30 Uhr öffnet, um zwölf noch darauf warten muss, bis die Tageskarte aus dem Drucker kommt. Wir verbuchen das unter Startschwierigkeiten und freuen uns an dem freundlich sich mühenden Kellner.

Die Blumenkohlsuppe schmeckt tadellos, bei der Flädlesuppe hätten wir uns eine etwas stärker reduzierte Brühe gewünscht. Nämliches gilt für den Gaisburger Marsch (12,50 Euro). Womöglich hätte es geholfen, die Zwiebeln nicht nur zu dämpfen, sondern zu rösten. Die Kartoffeln und Karotten haben für unseren Geschmack etwas viel Biss, die Rindfleischstückchen aber sind butterzart. Sehr gut auch Fleisch und Soß' vom Sauerbraten (15Euro), nur die Spätzle sind fad. Sie taugen kaum, um einem Auswärtigen unsere Nationalbeilage schmackhaft zu machen.

Alles in allem kann man mit den Hauptgerichten leben, wenn auch ein ausgehungerter Wandersmann beim Gaisburger Marsch einen Nachschlag verlangen würde. Enttäuschend aber sind die Nachtische. Das Quittenkompott mit Zimteis, das die frisch ausgedruckte Tageskarte empfiehlt, gibt es nicht. Der Ofenschlupfer mit Vanillesoße (5Euro) ist ein mattes Ofenschlupferle und könnte auch einer Tiefkühltruhe entsprungen sein.

Preis-Leistungs-Verhältnis: Ordentliche Qualität zu üblichen Preisen

Atmosphäre: Schnörkellos schön wie der Turm

Küche: Schwäbisch übersichtlicher Mittagstisch

Adresse: Unten, Inhaber: Alex Deißler und Leif Urtel, Jahnstraße 120, 70597 Stuttgart, Telefon 209498 - 0. Di bis Sa: Mittagstisch 11.30 bis 14.30 Uhr, Kaffee&Kuchen 14.30 bis 18.00 Uhr, Abendkarte 18.30 bis 22.30 Uhr (Reservierung erwünscht). So: Mittagstisch 11.30 bis 15.30 Uhr, Kaffee&Kuchen 15.30 bis 18.00 Uhr.

Extras: Bei schönem Wetter kann man im Freien sitzen, im Draußen.

Anfahrt: mit der U15, der U7 oder der U8 sowie der Buslinie 70 bis zur Haltestelle Ruhbank. Für Autofahrer: kostenlose Parkplätze direkt am Turm.