Das Brauhaus versprüht den Charme einer Bierhalle, in der man sich aber wohl fühlt Foto: Petsch

Das Brauhaus versprüht den Charme einer Bierhalle, in der man sich aber wohl fühlt

Der junge Mann am Nebentisch hat's erfasst. "Die wollen etwas verkaufen", stellt er fest. Einer seiner Begleiter nickt wissend, ein weiterer folgert prompt: "Dazu muss man sich an diesem Standort etwas einfallen lassen." Kein Zweifel, die drei Endzwanziger (Betriebswirtschaftsstudenten?) würden einem jederzeit die Welt erklären, wenn man sie danach fragte.

In diesem Fall analysieren die Tischnachbarn aber nicht die Lage der Weltwirtschaft. Sie mutmaßen ganz banal, wie sich die neue Gastwirtschaft, in der sie eben zu Mittag gegessen haben, strategisch aufstellen müsste, um erfolgreich zu sein.

Ansätze für einen betriebswirtschaftlicher Diskurs böte das Etablissement tatsächlich. Denn dass sich die Brauereimanufaktur Schönbuch aus Böblingen jüngst an der Ecke Bolz-/Stefanstraße mit einem Ableger ihres Brauhauses angesiedelt hat, sorgte in der Branche für Aufsehen. Der Versuch in bester Stuttgarter Innenstadtlage Böblinger Bierkultur zu etablieren, gilt allenthalben als eine Art Kampfansage an die ortsansässige Konkurrenz.

Gebraut wird im Gebäude des einstigen Bahnhofs nicht, auch wenn die Attrappe eines Sudkessels vor dem Gebäude etwas anderes vermuten lässt. Tritt man durch die gläserne Eingangstür, eröffnet sich einem ein Saal mit parallel angeordneten Tischen, Bänken und Stühlen aus massivem Holz. Was erst wie eine reine Bierhalle anmutet - das Brauerei-Wappen prangt unübersehbar an der Stirnseite des Raums -, kommt dank der hell gehaltenen Möblierung und der historischen Bilder an den Wänden sehr gediegen daher. Nicht Zecher, sondern ein Gästemix vom Rentner-Ehepaar über Familien bis zu besagten Studenten prägt das Bild. Bei 320 Plätzen darf man keine stille Gemütlichkeit erwarten, doch wir fühlen uns in dem unaufgeregten Ambiente wohl. Die Kellnerin ist freundlich, das Essen fix auf dem Tisch, was Eltern als wohltuend empfinden dürften. Die Speisenauswahl reicht von schwäbisch-deftig bis mediterran.

Die Schönbuch-Brauerei sieht sich als modernes, in der Region verwurzeltes Unternehmen. Es wirbt mit der Verwendung regionaler Produkte, mit Frische, mit Qualität. Beim Testbesuch am Sonntagmittag bieten Brotsuppe mit Zwiebelschmelze und eingelegtes Ochsenfleisch ein erstaunliches Niveau. Beim Hauptgang gleitet das Messer mehr durchs Schweinelendchen, als dass es schneidet. Spätzle nicht aus der Packung und Pilze nicht aus der Dose runden den guten Eindruck ab. Und mit einem Klacks Pilzrahmsoße vom Lendchen werden auch die zu trocken geratenen Tomatenspätzle mit Hähnchenbruststreifen zum Genuss.

Bei den alteingesessenen Brauereien hieß es, man sehe die neue Konkurrenz sportlich und begrüße "den gesunden Wettbewerb". Den dürfte es geben, sofern das Brauhaus sein derzeitiges Niveau hält.

Preis-Leistungs-Verhältnis: Der Qualität und dem Standort angemessen

Atmosphäre: Für einen Großgastrobetrieb angenehm gepflegt

Küche: Vor allem klassisch schwäbisch

Adresse: Brauhaus Schönbuch, Bolzstraße 10, 70173 Stuttgart, Telefon 0711/72230930, E-Mail info@brauhaus-schoenbuch.de.

Öffnungszeiten: täglich von 11 bis 24, donnerstags, freitags und samstags bis 1 Uhr.

Extras: Mittagstisch, sonntags von 12 bis 15 Uhr Bratenbüfett "wie zu Großmutters Zeiten", 200 Plätze im Außenbereich.

Anfahrt: mit verschiedenen Stadtbahn-Linien bis zu den Haltestellen Schlossplatz oder Friedrichsbau/Börse, danach zu Fuß in die Bolzstraße und unterm Bogen durch in die Stefanstraße. Autofahrer: Parkmöglickeit in umliegenden Parkhäusern und Tiefgaragen.