Foto: Sascha Sauer

Die Räume des Tafelladens am Bihlplatz sind bereits gekündigt. Die Bedürftigen im Süden müssen nun zu anderen günstigen Einkaufsmöglichkeiten ausweichen.

S-Süd - Weder Caritas noch Jobcenter wollen den Schwarzen Peter für die Schließung des Tafelladens am Heslacher Bihlplatz. Einen eindeutigen Schuldigen gibt es auch nicht, denn für die Schließung ist eine Vielzahl von Gründen verantwortlich, das wurde in der jüngsten Sitzung des Bezirksbeirats deutlich.

Das Gremium hatte Jürgen Peeß, den Leiter des Stuttgarter Jobcenters, eingeladen, um über den Wegfall von Stellen für Ein-Euro-Jobber zu berichten. Mit dieser Entwicklung hatte der Trägerverein des Heslacher Tafelladens, die Schwäbischen Tafeln, im Juli 2011 das Aus für den Laden am Bihlplatz begründet. Der Bund hatte die Zuschüsse für die Integrationsmaßnahme um ein Drittel gekürzt.

Unterhaltungskosten gestiegen

Anfang November hatte Edgar Heimerdinger, der Leiter des Bereichs Arbeit bei der Caritas, im Bezirksbeirat zum Aus für das Geschäft Stellung bezogen. Für den Fall, dass sich die Rahmenbedingung ändern, schloss er eine Wiedereröffnung des Ladens am Bihlplatz nicht aus. Doch mittlerweile haben die Schwäbischen Tafeln den Mietvertrag für den Laden zum Ende dieses Jahres gekündigt. Denn die Unterhaltungskosten für die Tafelläden insgesamt seien so stark gestiegen, dass mehr Ein-Euro-Jobber das Problem nicht lösten, sagt Heimerdinger.

Mittlerweile gebe es auch wieder ausreichend geförderte Beschäftigungsmaßnahmen für Langzeitarbeitslose, berichtete Jürgen Peeß dem Bezirksbeirat. Die Stadt habe sich erfolgreich um die Aufnahme in ein staatliches Programm namens Bürgerarbeit bemüht, sagte der Leiter des Jobcenters. Dadurch könne das Jobcenter derzeit 55 zusätzliche Beschäftigungsmaßnahmen für Langzeitarbeitslose anbieten und so die Stellen ausgleichen, die durch die Kürzungen bei den Arbeitsgelegenheiten gestrichen wurden. „Wenn ein entsprechender Impuls vom Träger kommt, den Tafelladen am Bihlplatz wieder zu eröffnen, dann greifen wir das auf“, versprach Peeß dem Bezirksbeirat, zumal die Bürgerarbeitsplätze zum 1. Mai noch ausgeweitet würden.

Kostendruck höher geworden

Dass dieser Impuls kommt, das bezweifelt Reiner Kuhn, der Projektleiter der Schwäbischen Tafeln Stuttgart, auf Nachfrage unserer Zeitung. Zumal es nun, da die Konjunktur anziehe, fraglich sei, ob sich genügend geeignete Langzeitarbeitslose fänden. Selbst wenn sich diese finden, bleiben die wachsenden Kosten für Energie und Benzin. „Bei steigenden Unterhaltskosten und stagnierenden Umsätzen ist der Kostendruck in den letzten Monaten deutlich höher geworden“, betont Heimerdinger. Denn die Lebensmittelspenden, die die Tafeln bekommen, sind unverändert. „Um unser Grundangebot in Stuttgart zu halten, mussten wir den Standort im Süden schließen“, so Heimerdinger.

Dass die Wahl auf den Bihlplatz fiel, liegt darin begründet, dass der weit größere Leoladen am Österreichischen Platz nur drei Stadtbahnhaltestellen vom Bihlplatz entfernt ist. Die beiden weiteren Tafelläden in Stuttgart liegen in Bad Cannstatt und in Möhringen. „Es bringt nichts, auf irgendjemand mit dem Finger zu zeigen. Eine Vielzahl von Umständen ist für die Schließung des Heslacher Ladens verantwortlich“, sagt Reiner Kuhn.

Bezirksbeiräte sind unzufrieden

Für die Bezirksbeiräte im Süden bleibt die Entwicklung dennoch unbefriedigend. Angesichts des hohen Anteils an Menschen mit geringem Einkommen im Stadtbezirk betonte Wolfgang Jaworek von den Grünen: „Für uns ist die Schließung kein Zustand, der Tafelladen ist Teil der sozialen Infrastruktur.“ Wolf-Dieter Wieland, FDP, bat Bezirksvorsteher Rupert Kellermann, sich für eine Fortführung des Tafelladens einzusetzen, was dieser versprach.

Den Bezirksbeiräten geht es nicht nur um den Tafelladen als Teil der Nahversorgung, sondern auch um den Betrieb als Arbeitgeber. Durch die Betreuung dort geling es einigen Langzeitarbeitslose, später selbst eine Stelle zu finden.