Kürzlich ging auch Tennisstar Serena Williams an die Öffentlichkeit. Foto: Getty

Das Baby ist da. Doch statt Freude ist die Mutter niedergeschlagen. Wenn dieser Zustand länger anhält, muss er ärztlich behandelt werden. Doch viele Frauen scheuen sich, Hilfe in Anspruch zu nehmen, sehen darin ein Versagen als Mutter.

New York - Schauspielerin Gwyneth Paltrow, das Model Chrissy Teigen oder Sängerin Adele - immer mehr Prominente sprechen über ihre postnatale Depression und setzen damit ein Zeichen gegen die Stigmatisierung dieses Themas.

Kürzlich ging auch Tennisstar Serena Williams an die Öffentlichkeit. Nach ihrem blamablen Ausscheiden in der ersten Runde des Tennisturniers von San Jose erklärte sie via Instagram, sie leide unter dem Gefühl, eine schlechte Mutter zu sein, seit Ihre Tochter Alexis Olympia Ohanian Jr. im vergangenen September auf die Welt gekommen sei. „Gespräche mit meiner Mutter, meiner Schwester, meinen Freunden haben mir gezeigt, dass diese Gefühle völlig normal sind“, erklärte sie.

Postnatale (von lateinisch „natus“=geboren) oder auch postpartale („partus“=Entbindung) Depressionen lassen sich nicht auf einen Grund zurückführen. Das National Institute of Mental Health, das dem US-Gesundheitsministerium untergeordnet ist, macht dafür vielmehr einen Mix aus körperlichen und emotionalen Faktoren verantwortlich. Der Zustand kann bis zu drei Jahre nach der Geburt anhalten. Die Symptome reichen von Niedergeschlagenheit bis weit über den sogenannten Baby Blues hinaus zu Gedanken, sich oder dem Kind etwas anzutun.

Das Thema ist immer noch stigmatisiert

Nach Zahlen des Fachverbands American Psychological Association leidet jede siebte Frau nach der Entbindung unter schwerwiegenden Störungen des Gemütszustandes oder noch schlimmeren Symptomen. Die Weltgesundheitsorganisation WHO schätzt, dass etwa 20 Prozent der Mütter in Entwicklungsländern weltweit eine klinische Depression nach der Geburt erfahren.

Obwohl das Thema in der Öffentlichkeit noch nie so viel debattiert wurde wie heute, ist es immer noch stigmatisiert. Freunde, Kollegen und Angehörige, die eine solche Depression nicht selbst durchgemacht haben, sind oft überfordert, den betroffenen Frauen zu helfen.

„Ich denke, die Menschen haben Angst, darüber zu sprechen“, sagt Talya Knable, Beraterin aus Baltimore mit mehreren Fällen von postnataler Depression unter ihren Klienten und im Freundeskreis. „Aber viele Menschen leiden darunter und wollen erfahren, dass sie nicht allein sind. Diese Menschen brauchen eine Menge Unterstützung.“ Wenn Betroffene Hilfe in Anspruch nehmen wollten, bekämen sie oft zu hören: „Jeder hat mal eine schwere Zeit. Du wirst damit klarkommen. Ich war nicht depressiv, als ich ein Baby bekommen habe. Das kann doch nicht so schlimm sein. Liebst Du Dein Kind nicht? Du solltest glücklich sein.“

Einen Arzt aufsuchen ist genau das, was Frauen tun sollten

Wichtig sei es, betroffene Mütter positiv zu bestärken, sagt Knable. Das gehe mit Sätzen wie „Du bist eine tolle Mutter und machst einen tollen Job. Du bist nicht allein damit. Ich bin hier, um Dir zu helfen, wenn Du mich brauchst. Ich weiß, dass Du Dich wirklich anstrengst. Du kannst das schaffen.“

Therapeutin Heidi McBain aus Flower Mound in Texas ist spezialisiert auf Müttergesundheit. Sie litt selbst unter einer postnatalen Depression, nachdem sie zunächst eine Fehlgeburt erlitten hatte und danach erneut schwanger geworden war. Nach der Geburt ihres Sohnes, der heute neun Jahre alt ist, hatte sie lange mit der Krise zu kämpfen. Für sie ist es am wichtigsten, dass man Betroffene fragt, wie man ihnen helfen kann. Tabu seien dagegen Sätze wie „Warum brauchst Du Medikamente von Deinem Arzt? Bist Du sicher, dass Du Dir das alles nicht einbildest?“

Einen Arzt aufsuchen ist genau das, was Frauen tun sollten, wenn sie das Gefühl haben, dass der „Baby Blues“ in gefährliche Gefilde abgleite, rät das National Institute of Mental Health. Der Ausdruck „Baby Blues“ werde meist verwendet, um „Gefühle der Sorge, des Unglücks und der Erschöpfung“ zu bezeichnen, die viele Frauen nach der Geburt durchlebten. Bis zu 80 Prozent der Mütter seien in einer leichten Form davon betroffen. Das dauere ein bis zwei Wochen und verschwinde dann von allein.

Das erfordert in der Regel eine Behandlung

Eine postpartale Depression (PPD) liegt dem Institut zufolge vor, wenn Traurigkeit und Angst extrem gesteigert sind und die Fähigkeit der Frau beeinträchtigen, sich um sich selbst und ihre Familie zu kümmern. Das erfordere in der Regel eine Behandlung.

„Dass ich einen Therapeuten gefunden habe, der auf postpartale Stimmungsstörungen spezialisiert war, und dass ich die richtigen Medikamente unter Aufsicht eines Psychiaters bekommen habe, hat mir geholfen, mich besser zu fühlen“, sagt Jen Schwartz, Mitbegründerin des Blogs motherhood-understood.com.

Doch aus dem Haus zu gehen und sich Hilfe zu holen, kann für eine betroffene Mutter ein Problem sein, wie Carole Brody Fleet aus Orange County in Kalifornien berichtet. Ihre Tochter kam vor 29 Jahren zur Welt - in einer Zeit, in der das Thema noch stärker tabuisiert war. Sie fand Hilfe bei einer Telefonberatung. „Der wichtigste Schritt für mich bei der Behandlung von PPD war, zu verstehen, dass die Inanspruchnahme von Hilfe, kein Zeichen der Schwäche oder des Versagens als junge Mutter war.“