Ein Schulversuch mit Tablets startete kürzlich an der Gottlieb-Daimler-Schule in Sindelfingen Foto: dpa

Viele Kinder haben Zugang zum Internet, wissen aber zu wenig über die Risiken. Deshalb soll die Medienbildung in der Schule eine wichtigere Rolle spielen.

Stuttgart - Ein Fünftel der Sechs- und Siebenjährigen haben ungehindert Zugang zum Internet, bei den Zehn- und Elfjährigen sind es mehr als die Hälfte. Von den 15-Jährigen sind sogar 80 Prozent täglich im Internet und in sozialen Netzwerken unterwegs. Doch der Eindruck, dass Smartphone,Tablet oder Computer auch ein selbstverständliches Lernmittel geworden sei, sei falsch, sagte Kultusminister Andreas Stoch (SPD) bei einem Bildungskongress in Stuttgart. Viele Kinder und Jugendliche nutzten die modernen Medien vorwiegend als Zeitvertreib – und wüssten viel zu wenig über mögliche Risiken.

Das soll sich ändern. Vom nächsten Schuljahr an wird an den Schulen im Südwesten Medienbildung für alle Schüler verbindlich. Kinder sollen von der ersten Klasse an erfahren, wie sie die digitalen Medien zum Lernen nutzen können, aber auch, welche Gefahren lauern, wenn sie persönliche Daten herausgeben oder Fotos in die Welt hinaus schicken. „Medienkompetenz ist mehr als der selbstverständliche Gebrauch eines Smartphones“, sagte Stoch. „Sie setzt ausdrücklich auch ein Bewusstsein dafür voraus, was man mit seinen Aktivitäten im Netz bewirkt, wie man miteinander umgeht oder was Konzerne wie Google oder Facebook mit den vielen persönlichen Daten machen.“

Für die Medienbildung ist kein eigenes Fach vorgesehen. Wie auch die Verbraucherbildung oder die Berufsorientierung soll sie von der ersten bis zur letzten Klasse ihren Platz haben – und zwar in allen Fächern. Um das sicherzustellen, soll es künftig auch an den Grundschulen so genannte Medienbeauftragte geben – Lehrer, die eine Stundenermäßigung erhalten und speziell fortgebildet werden. Sie sollen die Kollegen etwa bei der Suche nach Unterrichtsmaterialien und -beispielen beraten, sagte Wolfgang Kraft, Direktor des Landesmedienzentrums Baden-Württemberg. Von dort beziehungsweise den Kreis- und Stadtmedienzentren erhalten Schulen auch Unterstützung bei der Wartung ihrer Geräte.

Kein eigenes Unterrichtsfach, aber Basiskurs für alle Fünftklässler

Für alle Fünftklässler ist ein Basiskurs Medienbildung verbindlich. Dafür sind 35 Unterrichtsstunden vorgesehen. Ob die Schulen den Kurs einmal wöchentlich oder als Projekt anbieten, bleibt ihnen überlassen. Für den Basiskurs bietet das Landesmedienzentrum bereits jetzt Unterrichtsmaterialien. Auch Fortbildungen für die Lehrer sind geplant.

Noch gibt es keinen Beschluss – die Anhörungsphase läuft bis Ende Oktober. Interessierte können sich im Internet zum Bildungsplanentwurf äußern. Der Städtetag begrüßt das Vorhaben. Angesichts der Bedeutung der neuen Informations- und Kommunikationstechnik sei es „müßig“, weiter Grundsatzdebatten zu führen, sagte Städtetagsdezernent Norbert Brugger. Ein Wechsel zum digitalen Unterricht an den knapp 5000 Schulen im Land sei aber aus Knopfdruck möglich. „Er erfordert neue Pädagogik und neue Technik.“ Derzeit erproben Klassen den Unterricht mit Tablets.