Schockfotos erlaubt: Künftig müssen sie 65 Prozent der Vorder- und Rückseite einer Zigarettenpackung ausmachen. Foto: dpa

Das EU-Parlament hat eine schärfere Regulierung der Tabakbranche beschlossen. Die Bundesregierung muss nun die Vorschriften umsetzen. Viel Zeit bleibt ihr dafür nicht.

Das EU-Parlament hat eine schärfere Regulierung der Tabakbranche beschlossen. Die Bundesregierung muss nun die Vorschriften umsetzen. Viel Zeit bleibt ihr dafür nicht.

Berlin - Innerhalb der nächsten zwei Jahre werden hierzulande Zigarettenschachteln in den Handel kommen, die mit Schock-Fotos und deutlich vergrößerten Warnhinweisen auf die gesundheitlichen Gefahren des Rauchens hinweisen.

Dies steht so gut wie fest, nachdem das EU-Parlament am Mittwoch die Vorschläge für eine schärfere Regulierung der Tabakbranche von EU-Gesundheitskommissar Tonio Borg beschlossen hat. In den nächsten Wochen muss zwar der Rat die Beschlüsse noch formell bestätigen. Doch dies gilt als sicher, da der Rat dies im Vorfeld schon signalisiert hat.

Wenn die neue EU-Tabakprodukt-Richtlinie dann im Amtsblatt der EU veröffentlicht wird, laufen drei Wochen später die Fristen für die nationale Umsetzung der einzelnen Bestimmungen. Die Bundesregierung hat dann zum Beispiel bis zu zwei Jahre Zeit, um die vergrößerten Warnhinweise in Deutschland zur Pflicht zu machen. Künftig müssen sie dann 65 Prozent der Vorder- und Rückseite einer Packung ausmachen. Auch auf 50 Prozent der Packungsseiten müssen dann Hinweise stehen wie „Tabakrauch enthält über 70 Substanzen, die erwiesenermaßen Krebs erregen“ oder „Rauchen tötet – Steig jetzt aus“. Auch die Größe und Form der Verpackung von Tabakprodukten wird strenger vorgeschrieben. Bestimmte Inhaltsstoffe, die den eigentlichen Tabakgeschmack überdecken, wie etwa Menthol, werden verboten. Das Verbot von Menthol-Zigaretten wird hierzulande aber nur wenig Auswirkungen haben, da der Marktanteil sehr gering ist.

Nachdem die Horror-Fotos mit Krebsgeschwüren dann Pflicht sind, wird der Branche noch eine Frist von voraussichtlich einem Jahr eingeräumt, um alte Lagerbestände abzuverkaufen.

Lange Zeit war völlig unklar, welches Ministerium in der Bundesregierung die schärferen Regeln für die Zigarettenbranche umsetzen muss. Sowohl Justizminister Heiko Maas (SPD) als auch Landwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) rangelten um die Kompetenzen für den gesundheitlichen Verbraucherschutz. Endgültig entschieden ist es nicht, doch in Berlin geht man davon aus, dass das Landwirtschaftsministerium die Fäden in der Hand hält und Ansprechpartner für die Tabakbranche bleibt.

Um den Schmuggel einzudämmen, will die EU die Hersteller zudem dazu verpflichten, für eine lückenlose Rückverfolgbarkeit ihrer Tabakprodukte zu sorgen. Sie müssen künftig sicherstellen, dass der Weg von der Fabrik bis zum letzten Händler vor dem Einzelhandel dokumentiert ist. Die Frist dafür beträgt bei Zigaretten und Feinschnitt fünf Jahre, bei allen anderen Tabakprodukten zehn Jahre.

Die Branche ist alarmiert, weil die EU es den Mitgliedsländern freistellt, noch strengere Vorschriften zu erlassen, als die EU ohnehin vorschreibt. Es gibt zum Beispiel in Irland Bestrebungen, die Gestaltungsfreiheit der Hersteller bei den Zigarettenpackungen noch drastischer einzuschränken. Irische Gesundheitspolitiker fordern, dass künftig Zigarettenschachteln komplett neutral gestaltet sind und der Schriftzug des Herstellers lediglich klein zu lesen ist. Die Sorge der Branche, dass durch die Hintertür eine noch schärfere Regulierung kommt, ist groß. Sollte Irland die neutrale Zigarettenschachtel vorschreiben, würde umgehend in anderen Ländern der Ruf danach laut werden. Für Hersteller wäre die neutrale Packung eine Katastrophe. Es wäre der denkbar schärfste Eingriff in ihre Markenrechte.

Für die Tabak-Branche sind die Brüsseler Beschlüsse für eine schärfere Regulierung sicher ein herber Rückschlag. Klar ist aber auch, dass noch einschneidendere Maßnahmen zunächst geplant, dann aber abgewendet wurden. So wurden etwa Bestrebungen fallengelassen, Zigaretten und andere Tabakprodukte komplett unter die Ladentheke zu verbannen.

Die Branche bereitet dennoch auch eine juristische Auseinandersetzung um die Tabakproduktrichtlinie vor. In England wollen Hersteller wie BAT und andere vor den britischen High Court ziehen, um so ein Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof zu erzwingen.