Der ehemalige UN-Generalsekretär Kofi Annan gibt sein Amt als Vermittler im Syrienkonflikt auf.

Beirut/New York - Inmitten der eskalierenden Gewalt in Syrien hat Kofi Annan seinen Rücktritt als Sondergesandter der Vereinten Nationen und der Arabischen Liga angekündigt. Annan habe ihn und den Generalsekretär der Arabischen Liga, Nabil Elarabi, über seine Absicht in Kenntnis gesetzt, sein am 31. August auslaufendes Mandat nicht zu verlängern, teilte UN-Generalsekretär Ban Ki Moon am Donnerstag in einer Erklärung mit. Er gebe den Rücktritt Annans mit „tiefem Bedauern“ bekannt. Ban würdigte Annan für dessen „entschlossene und mutige Bemühungen“, die er als Syrien-Sondergesandter unternommen habe.

Verstärktes Eingreifen des US-Geheimdienstes im Syrien-Konflikt?

Annan war im Februar von den UN und der Arabischen Liga zum Sondergesandten für Syrien ernannt worden. Ein Friedensplan des früheren UN-Generalsekretärs, der die seit 16 Monaten andauernde Gewalt in Syrien beenden sollte, konnte nicht erfolgreich umgesetzt werden. Wer die Nachfolge Annans antreten wird, war zunächst unklar.

Unterdessen wurden in den USA Berichte über ein verstärktes Eingreifen des US-Geheimdienstes im Syrien-Konflikt bekannt. US-Präsident Barack Obama gab in einer geheimen Anordnung grünes Licht für eine verdeckte Unterstützung der Rebellen durch die CIA, wie der Sender CNN am Mittwoch (Ortszeit) unter Berufung auf Regierungskreise berichtete. Wann genau Obama die geheime Anordnung unterzeichnete, war zunächst nicht bekannt. Nach Angaben von Gewährsleuten sei dies in den vergangenen Monaten geschehen, berichtete CNN. Auch über die Art der Unterstützung war nichts bekannt.

Eine Bewaffnung der Rebellen im Kampf gegen die Regierung von Präsident Baschar Assad schloss die US-Regierung bislang aus. Während des Libyen-Kriegs hatte Obama eine ähnliche Direktive zur Unterstützung der gegen den damaligen Machthaber Muammar al Gaddafi kämpfenden Rebellen unterzeichnet.

Die USA wollen laut Angaben aus Regierungskreisen weitere Hilfsgelder für die syrische Zivilbevölkerung in Höhe von zwölf Millionen Dollar (etwa 9,7 Millionen Euro) bereitstellen. Die Summe soll demnach in Kürze offiziell bekannt gegeben werden. Damit würde die Summe der US-Gelder seit Beginn der Proteste Anfang vergangenen Jahres auf 76 Millionen Dollar (knapp 62 Millionen Euro) steigen.

UN-Vollversammlung überarbeitet Resolutionsentwurf

In der UN-Vollversammlung setzten sich unterdessen die Gegner einer internationalen Einflussnahme in Syrien durch und überzeugten die arabischen Länder, eine Rücktrittsforderung an Assad aus einem Resolutionsentwurf zu streichen. Die arabischen Länder kooperierten, um eine Verabschiedung der Resolution nicht zu gefährden. Russland, China, Brasilien und Indien hatten Widerstand gegen diesen Aspekt angekündigt. Russland und China hatten zuvor mehrfach eine bindende Resolution des UN-Sicherheitsrats gegen Syrien blockiert. Die UN-Vollversammlung will am Freitag über den von Saudi-Arabien eingebrachten symbolischen Resolutionsentwurf abstimmen. Die Resolution der Vollversammlung hat lediglich Symbolcharakter, da das Gremium sie rechtlich nicht durchsetzen kann.

Welternährungsprogramm warnt vor Lebensmittelknappheit

Derweil warnte das Welternährungsprogramm vor einem Engpass an Lebensmitteln. Demnach seien in den kommenden zwölf Monaten voraussichtlich rund drei Millionen Menschen von Knappheit bedroht.

In Aleppo nahmen die Rebellen am Donnerstag eine Luftwaffenbasis unter Beschuss. Dabei setzten sie Aktivisten zufolge zuvor von den Streitkräften erbeutete schwere Waffen ein, darunter Panzer. Doch Assads Truppen verfügen noch immer über mehr schwere Waffen und es war unklar, ob der Angriff erfolgreich war. Wenig später wurde ein nahegelegenes Dorf vom Militärstützpunkt aus angegriffen.

Die amtliche Nachrichtenagentur SANA berichtete von Kämpfen in Damaskus. Zahlreiche Aufständische seien getötet oder festgenommen worden. Aktivisten berichteten von Dutzenden Toten. Doch auch die Rebellen geraten mit ihren Methoden immer mehr in die Kritik. Ein im Internet veröffentlichtes Video zeigte, wie offenbar ein Mitglied der regierungstreuen Miliz Schabiha von Aufständischen erschossen wird. Die Echtheit der im Internet aufgetauchten Aufnahmen konnte nicht unabhängig überprüft werden. Dennoch könnte der Vorfall die Widerstandsbewegung gegen Assad, die sich in einem moralisch gerechtfertigten Kampf gegen ein autoritäres Regime sieht, in Erklärungsnot bringen.

Ischinger sieht Syrien als Schauplatz eines Religionskrieges

Nach Ansicht des Leiters der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, ist der Syrien-Konflikt inzwischen vor allem religiös motiviert. Der Aufstand sei ein „schiitisch-sunnitischer Religionskrieg“ geworden, sagte er im Deutschlandfunk. Dabei spielen demnach benachbarte Länder eine zentrale Rolle: Sunnitisch geprägte Staaten wie Saudi-Arabien und Katar unterstützen die Aufständischen, während der schiitische Iran der Assad-Regierung hilft.