Die Zufahrt zum Synergiepark ist oft verstopft. Foto: Lichtgut/Julian Rettig

Kommt der Komplettausbau der Nord-Süd-Straße als Zubringer zum Synergiepark in Vaihingen/Möhringen nicht, wandert der Großhandel ab, warnt einer, der es wissen muss. Und dabei gehe es nur am Rande um die Pendler...

Vaihingen/Möhringen - Die vor Kurzem vorgelegte Machbarkeitsstudie zu den Radschnellverbindungen in Stuttgart hat auch die Diskussion über einen Ausbau der Nord-Süd-Straße neu entfacht. Konkret geht es um die Radroute, die aus Richtung L.-E. an der Autobahnbrücke beginnt und dann entlang der Nord-Süd-Straße durch den Synergiepark und weiter nach Kaltental führt. Nach Berechnungen der Stuttgarter Fachverwaltung wäre ein Ausbau der Nord-Süd-Straße zwischen Vaihinger Straße und Industriestraße nicht erforderlich. Das Teilstück sei auch im aktuellen Zustand in Zukunft noch leistungsfähig – vorausgesetzt, dass die Knotenpunkte wie geplant ausgebaut werden. So würde Platz für den neuen Radschnellweg bleiben. Doch mehrere große Unternehmen im Synergiepark, allen voran Lapp, liefen dagegen Sturm.

Auch Guido Eichel ist für eine Ertüchtigung der Nord-Süd-Straße. Er ist Vorstandsmitglied bei Hagos, dem Verbund der Kachelofenbauerbetriebe, und sagt: Die Pendler dürften nicht die alleinige Entscheidungsgrundlage für oder gegen den Straßenausbau sein. Denn es gehe nicht nur um die Frage, wie die Arbeitnehmer ins Büro kommen. Das größere Problem sei der Liefer- und Kundenverkehr.

Eichel erklärt, was sein Unternehmen dafür tut, damit die Beschäftigten nicht im Stau stehen. Das betriebliche Mobilitätsmanagement umfasse unter anderem kostenlose Jobtickets, Leasingmodelle für Dienstfahrräder und spezielle Arbeitszeitmodelle, die es ermöglichen, zumindest teilweise der Rushhour zu entgehen.

Weder Kunden noch Lkw-Fahrer wollen im Stau stehen

Doch nicht nur Beschäftigte wollen ohne Verkehrsbehinderungen ans Ziel kommen. Das gleiche gelte für Kunden, die Ware bei Hagos abholen. „In der Regel fahren sie auf dem Weg zu ihrer Baustelle noch zur Hagos, um dort Material abzuholen. Dies ist aus ökologischer Sicht sinnvoll, weil der Transport von unserem Lager zu ihrem entfällt. Wenn sie allerdings auf dem Weg zu uns immer im Stau stehen, dann überlegen sie sich, ob sie das Angebot annehmen“, sagt Eichel.

Ebenso komme es bei Schulungen zu Problemen. „Immer wieder hören wir, dass die Staus in das Industriegebiet und heraus unsere Kunden davon abhalten, an den Seminaren teilzunehmen, da der zeitliche Aufwand nicht abzuschätzen ist“, sagt Eichel. Auch die Lkw-Fahrer stehen regelmäßig im Stau. Ihre Aufgabe sei es, Kunden zu beliefern und Material zwischen verschiedenen Standorten umzuverteilen. „Die Lkw-Fahrer, die alle bei uns angestellt sind, verlieren täglich viel Zeit auf der Nord-Süd-Straße, wertvolle Arbeitszeit, die natürlich den Arbeitgeber auch Geld kostet“, sagt Eichel.

Die großen Unternehmen im Synergiepark sehen das genauso. Sie haben mittlerweile ein eigenes Verkehrsgutachten in Auftrag gegeben. Hagos ist nicht dabei. „Ich habe davon gehört, aber wir sind dazu nicht befragt worden; wir hätten uns natürlich daran beteiligt“, sagt Eichel.

Der Gemeinderat hat den Vorschlag vorerst gekippt

Seit Jahren nehme er an Veranstaltungen mit unterschiedlichsten Firmen- und Interessenvertretern zum Thema Verkehr teil. „Was ist bisher sichtbar passiert?“, fragt Eichel und antwortet selbst: „Zu wenig.“ Wenn im Jahr 2030 im Synergiepark etwa 40 000 Menschen arbeiten sollen, werde es höchste Zeit für entsprechende Infrastrukturmaßnahmen. „Und der Verkehr, der nicht durch die Mitarbeiter der Firmen entsteht, sondern durch Zulieferer und Käufer muss stärker berücksichtigt werden“, wiederholt Eichel. Dies würde aufzeigen, dass ein Ausbau der Nord-Süd-Straße dringend notwendig sei. „Sonst gibt es nur eine Möglichkeit: Großhandel und Handel mit hohem Logistikanteil wandern aus dem Industriegebiet ab.“

Entschieden ist noch nichts. Der Gemeinderat hat den Vorschlag der Verwaltung vorerst gekippt. Auf einen dreispurigen Ausbau des mittleren Teilstücks der Nord-Süd-Straße soll nicht grundsätzlich verzichtet werden. Gleichzeitig soll ein möglicher Radschnellweg in diesem Korridor weiter untersucht werden, um Varianten aufzuzeigen. Zudem beteiligt sich die Stadt an dem neuen Verkehrsgutachten der Unternehmen.