Nicht nur das Meer, auch Produktionsstätten sollen wieder in die Innenstadt geholt werden. Foto: Lichtgut/Oliver Willikonsky

Planen für eine neue Urbanität: Bei einem Symposium im Stadtpalais ist auch die Rückkehr von Produktionsstätten mitten in die Stadt thematisiert worden.

Wie bringt man Produktion und Produktivität wieder zurück in die Stadt? Und ist es nicht höchste Zeit, eine Quartiersmanagement-Gesellschaft für den geplanten neuen Stadtteil Rosenstein zu gründen? Das sind die beiden zentralen Themen des Symposiums Rosenstein gewesen, das die Architektenkammer Baden-Württemberg in Zusammenarbeit mit der Stadt im Stadtpalais veranstaltet hat. Gäste aus Brüssel, Berlin und Hamburg gaben dabei Einblicke in dortige Großprojekte.

In der Stadt darf es auch mal lauter sein

Kristiaan Borret ist Stadtbaumeister in Brüssel und hat klare Vorstellungen davon, was eine Stadt alles braucht. „Eine Betonfabrik gehört in die Stadt, weil dort der meiste Beton benötigt wird“, sagte der Belgier. Oder er beschrieb, wie unsinnig es sei, dass etwa ein Klempner morgens erst einmal raus aus der Stadt zu seiner Werkstatt draußen in einem Gewerbegebiet fahren müsse, nur um dann wieder zurück in die Stadt zu seinen Kunden zu fahren. Deswegen ist Borret überzeugt: „Alles, was man braucht, um eine Stadt am Laufen zu halten, muss auch in der Stadt sein.“ Und das darf dann auch mal schmutziger und lauter sein.

Soziale Grenzen sollen überwunden werden

In Brüssel wird das gerade im Rahmen des Kanaal-Plans versucht. Dieser große Industriekanal trennt nicht nur die Stadt, sondern auch soziale Schichten. Mit dem Wandel in der Industrie ging es auch mit der Kanaal-Gegend bergab. Jetzt wird dort mit ambitionierten Bauprojekten „neue Urbanität“ zurückgebracht, werden durch die Rückkehr von – zeitgemäßen – Produktionsstandorten auch soziale Grenzen überwunden. Nur eine so diverse Stadt, in der Kultur, Handwerk, Industrie und Wohnen miteinander existieren, sei auch resilienter gegen Krisen aller Art, wie wir sie gerade erleben. Und Borret sagt noch einen bemerkenswerten Satz: „Gute Architektur sollte nicht nur für die Oper reserviert sein.“ Auch eine Reparaturwerkstatt darf gut aussehen.

Von der Hipster-Produktionslinie wegkommen

IBA-27-Intendant Andreas Hofer sieht dafür Chancen in Stuttgart. Hier gebe es stadtverträgliche Produktionszweige aus dem Hightechbereich, er könne sich auch eine Produktion mit 500 Mitarbeitern im Rosenstein vorstellen. Man müsse von der „Hipster-Stadt-Produktionsliste“ mit Bio-Schokolade-Manufakturen oder Yogastudios wegkommen, so Hofer, man brauche viel robustere Strukturen. Baubürgermeister Peter Pätzold sagte: „Wir brauchen das gemeinsame Ziel, dass wir die produktive Stadt wollen. Und wir müssen sie dann bis zu einem gewissen Grad ertragen.“

Städtische Grundstücke nur noch in Erbpacht

Für solche Zwecke wurden andernorts öffentliche Projektmanagementgesellschaften gegründet. Als Beispiele wurden bei dem Symposium die Tegel Projekt GmbH in Berlin und die Hafen City Hamburg GmbH vorgestellt. Die Hamburger Gesellschaft konnte über Sondervermögen der Stadt verfügen und alle dafür wichtigen Senatoren saßen im Aufsichtsrat. „Das macht es relativ schnell, Dinge zu entscheiden“, sagte der Vorsitzende der Geschäftsführung, Andreas Kleinau.

Zuletzt herrschte weitgehende Einigkeit, dass es höchste Zeit für eine solche Projektmanagementgesellschaft für das Rosenstein-Projekt sei. Markus Müller, Präsident der Landesarchitektenkammer, gab dem Baubürgermeister mit auf den Weg: „Wir sollten die Stadtplanung nicht mit den Managementaufgaben belasten.“