Schlagzeuger und Bandleader Peter Fleischhauer im Einsatz Foto: King of Swing Orchestra

Mitreißendes Musikvergnügen verspricht „Babylon Swing“ in der Fellbacher Schwabenlandhalle. Bandleader Peter Fleischhauer macht im Interview Lust auf diesen „Tanz auf dem Vulkan“.

Fellbach - Wer mit Peter Fleischhauer über sein musikalisches Leben in den vergangenen Jahrzehnten plaudert, erlebt einen Drummer, der mit seinen Geschichten ähnlich durch die Zeiten wirbelt wie sonst mit seinen Trommelstöcken durch die Lüfte der Konzerthallen. Da berichtet er von Begegnungen mit Legenden wie seinem Freund Peter Herbolzheimer oder mit Rachel Goodman, der Tochter von Benny Goodman. Am Montag und Dienstag, 14. und 15. Februar, jeweils um 20 Uhr, gastiert Fleischhauers King of Swing Orchestra auf Einladung des Fellbacher Kulturamts im großen Hölderlinsaal der Schwabenlandhalle. Was sich hinter dem Titel „Babylon Swing – New York meets Berlin“ verbirgt, erläutert der 68-jährige Bandleader im Interview.

Herr Fleischhauer, frischer geht’s ja kaum: Gestern Abend hatten Sie Premiere mit „Babylon Berlin“, wie war es?

Stimmt, wir hatten in Lünen in Westfalen unser erstes Konzert mit diesem Programm. Ich muss sagen, es war supersuper anstrengend, vor allem nach den Vorfällen bei den Proben, mit Coronaausfällen, einer Lebensmittelvergiftung und noch einem Unfall, als unser Conférencier neben der Bühne mit einem Bein in ein 50 auf 50 Zentimeter großes Loch gefallen ist. Nach den Schmerzensschreien dachte ich, jetzt ist alles aus. Aber er hatte zum Glück keine schlimmere Verletzung. Und nach der Vorstellung, nach den begeisterten Reaktionen des Publikums, fällt dann alle Last ab. Wir haben allerdings gemerkt, dass vor allem das zweite Set nach der Pause etwas zu lang ist. Die erste Halbzeit ist bei 55 Minuten, die zweite bisher bei einer Stunde und 20 Minuten, da nehmen wir wohl noch ein Lied raus und kürzen bei einem Textteil. Eine alte Theaterregel lautet ja, zweimal eine Stunde – wobei Freunde in Lünen danach meinten, ihnen sei es überhaupt nicht zu lange vorgekommen. Eigentlich wollten wir mit unserer Tour ja schon 2020 loslegen, 2021 sollten wir bei Ihnen in Fellbach auftreten – alles verschoben. Jetzt gibt’s erst mal eine Mini-Tournee mit insgesamt vier Terminen, nach Fellbach folgt noch ein Auftritt in Friedrichshafen am Bodensee. Dann geht’s erst im nächsten Jahr weiter, die Veranstalter sind noch sehr vorsichtig, ist auch verständlich nach den ganzen Planungen in den vergangenen Monaten, die dann doch wieder in Absagen mündeten.

Und vom halb vollen Saal gucken die Besucher hinter ihren Masken zu Ihnen hinauf. Wie sind denn Ihre Corona-Erfahrungen?

Das war zeitweise schon deprimierend. An Silvester waren wir mit der Band in Itzehoe ganz oben in Schleswig-Holstein – das war tatsächlich das erste Konzert nach zwei Jahren. Einen nur zur Hälfte gefüllten Saal nimmt man gar nicht so zur Kenntnis. Diese ganzen Mund-Nasen-Bedeckungen, das hat allerdings schon etwas von einem Operationssaal – aber man gewöhnt sich auch schnell daran. Mit großen Formationen wie bei uns ist es in Coronazeiten jedoch sehr schwierig und mit den Abstandsregeln meist gar nicht zu realisieren. Die WDR Big Band hat mal in einer richtig großen Halle gespielt, die Bläser mit 1,5 bis zwei Meter Abstand nebeneinander, da waren die Saxofone auf zwölf Metern verteilt. Und ähnlich geht es ja auch vielen Chören – und das King of Swing Orchestra mit unserer Crew von 19 Musikern, dazu vier Techniker, muss auch mal untergebracht werden.

Sie unternehmen an den Abenden eine Zeitreise in die Golden Twenties, erst mit dem Jazz aus New Orleans, Chicago und New York, dann schwappt’s rüber über den großen Teich.

Genauso wie es auch damals in den 1920ern war, als diese mitreißende Musik die Welt und somit auch Deutschland eroberte – die Goldenen Zwanziger begeistern ja die Menschen bis heute. In die Tanzpaläste in Berlin passten damals 2200 Leute, doppelt so viele wie in der Schwabenlandhalle. Wir erinnern an Josephine Baker, unser Tanzpaar präsentiert dazu einen Charleston und insgesamt sechs oder sieben weitere Tänze. Aber wir setzen auch aufs Wechselspiel mit dem Publikum – bei Cab Calloways „Minnie the Moocher“, das kennen Sie vielleicht aus dem Film „Blues Brothers“ von 1980, da hat er selbst noch mitgespielt, mit dem Call and Response bei „Hidee hidee hidee hi – Hode hode hode ho!“ – da können sich Fellbacherinnen und Fellbacher gerne mit voller Kraft einbringen.

Und deutsche Schlager aus jenen Jahren dürfen auch nicht fehlen?

Nach der Pause geht’s los mit Kurt Weill und seinem „Mackie Messer“, den Drehorgelsound haben wir auf einen Saxofonsatz umarrangiert. Dann einige Gassenhauer aus den späten 20ern und frühen 30ern, Marlene Dietrich mit dem nur zwei Minuten langen Lied „Wenn ein Mädel einen Herrn hat“, das kannte ich vorher auch gar nicht. Und zum Schluss gibt’s „Die Nacht ist nicht allein zum Schlafen da“ aus dem Film „Tanz auf dem Vulkan“ – das passt zum ganzen Abend über diesen Urknall vor 100 Jahren, mit dem Körpergefühl gelebter Freiheit, dem Tanzen, mit den entfesselten Rhythmen und einem hemmungslosen Rausch, der aber auch böse enden kann – viel Swing also im Sündenbabel, wie der Titel schon andeutet.

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