Der junge Filmemacher Bruce Brown in seinem Element: mit der Kamera am Surferstrand. Foto: Bruce Brown Films

Die Beach Boys hatten in den frühen Sechzigern für viele Amerikaner rundum definiert, was Surfen war: ein Strandspaß für Teenies. Dann kam der Dokumentarfilmer Bruce Brown und gab dem Surfen mit „The Endless Summer“ ganz andere Dimensionen. Nun ist Brown im Alter von 80 Jahren gestorben. Sein Film wird bleiben.

Los Angeles - Die Zeit anhalten zu können, das ist ein alter Menschheitstraum. Bruce Brown, der am Sonntag im Alter von 80 Jahren gestorben ist, kam ihm näher als andere – er hat es geschafft, dass der Sommer 1964 nie ganz aufhört. Brown war damals ein junger Surfer und Filmemacher. Seine Dokumentationen famoser Wellenritte hatte er bis dahin entlang von Kaliforniens Küste in selbst angemieteten Gemeindehallen und Kinos gezeigt. Aber nun landete er einen Klassiker des Dokumentarfilms. Einen Film, der nicht einfach etwas zeigte, sondern das gleich mit aus der Taufe hob, was er zeigte: „The Endless Summer“.

Surfen war gerade Popkulturhype, sogar bei jenen, die es nicht einmal ins nächste Freibad schafften. Die Hits der Beach Boys und anderer Surf-Bands schepperten in den frühen Sechzigern quer durch Amerika aus den Transistorradios der Kids. Surfen, das war in der Popkultur ein Schlüsselwort für Jungensquatsch, fesche Mädchen und keine Hausaufgaben. Im Sommer 1964 aber hatte Brown einen viel größeren Film als früher im Gepäck, der mit dieser Kinderspielplatzidee vom Surfen aufräumen wollte. Für „The Endless Summer“ war Brown mit zwei Surfern, Mike Hynson und Robert August, um die Welt gereist, von Strand zu Strand, den großen Wellen und dem Sommer hinterher.

Seelenpflege auf den Wellen

Das Ganze war weniger eine Dauerurlaubs-Vision als eine spirituelle Erfahrung. „The Endless Summer“ zeigte das Surfen als Suche nach Schönheit, als Suche nach Frieden, als Suche nach einem Aussteigerleben nahe der Natur, aber ganz ohne esoterisches Blabla. Es ging nicht mehr um körperliche Geschicklichkeit, es ging um Seelenpflege. Und das Publikum merkte, dass ihm hier ein frischer Blick aufs Surfen geboten wurde. 1966, nachdem er zwei Jahre lang erfolgreich die Küste entlang getingelt war, konnte Brown „The Endless Summer“ mit Hilfe der Profifirma Columbia endlich auf Leinwände in den ganzen USA bringen.

Sehen Sie hier den Trailer zu „The Endless Summer“:

Nicht zufällig waren die Jahre von 1964 bis 1966, in denen Browns Film unter Surfern Kultstatus erlangte, auch die Zeitspanne, in der sich die Beach Boys von Plantschpartybeschallern zu einer ernsthaften Popband entwickelten. Nicht zufällig rollte 1966, als „The Endless Summer“ in die großen Kinos kam, das revolutionäre Beach-Boys-Album „Pet Sounds“ in die Plattenläden. Surfen war in der Realität bereits auf dem Weg zum Massensport ohne Hintergrund. Im Kino und in der Musik aber wurde es zum Inbegriff einer entspannten Gegenkultur.

Die Fortsetzung als Kampf

Bruce Brown ist dann seltsamerweise nicht der rastlose Chronist jener Surfkultur geworden, für die sein bester Film bis heute eine Inspirationsquelle ist. 1971 hat er einen Dokumentarfilm über Motocross-Rennen veröffentlicht., „On Any Sunday“, und erst 1994 ist er zum Surffilm zurückgekehrt, war aber von Produktion wie dem Resultat enttäuscht. „The Endless Summer 2“ entstand zusammen mit dem Hollywoodstudio New Line Cinema, und das, hat Brown gesagt, sei „keine Zusammenarbeit gewesen, sondern ein Kampf.“

Aber der erste „The Endless Summer“ hat nicht nur in den modernen Surfdokumentationen von Browns Sohn Dana Spuren hinterlassen. Er hat jede halbwegs ernsthafte Auseinandersetzung des Kinos mit dem Surfen geprägt. Sein Einfluss findet sich in John Milius’ elegischem „Big Wednesday“ (1978), in Kathryn Bigelows Thriller „Point Break“ (1991) und in Curtis Hansons „Chasing Mavericks“ von 2012. Und wer immer ihn sieht, empfindet eine große Sehnsucht, in diese Sommer der sechziger Jahre zurückkehren zu können.