Cam Newton (li.) ist kein klassischer Quarterback – er trägt den Ball zur Not auch selbst zum neuen ersten Versuch Foto: dpa

Im 50. Super Bowl kämpfen die Carolina Panthers und die Denver Broncos um den Triumph in der NFL – es ist mehr als das Duell zweier Teams, es ist ein Duell der Spielauffassungen und der Stars.

San Francisco - Er mag Provokationen. Als Cam Newton in San Francisco ankam, da trug der Quarterback der Carolina Panthers eine Designerhose von Versace mit wildem Zebramuster, gespickt mit goldenen Applikationen – kaum standen die Fotos im Netz, begannen wilde Diskussionen in Facebook, Twitter und weiteren Kanälen. Cam Newton wird der Tenor der Meinungen ziemlich schnuppe gewesen sein. So wie es ihn auch nicht juckt, was die gegnerischen Spieler von seinen Showtanzeinlagen nach einem Touchdown halten, die gelegentlich hart an der Grenze sind, die andere Mannschaft herabzuwürdigen oder gar zu verhöhnen. „Ich bin ein afroamerikanischer Quarterback“, blaffte der 26-Jährige allen Kritikern zu, „es macht Leuten Angst, weil sie nichts haben, mit dem sie mich vergleichen können.“ Es folgte eine ausufernde Debatte über Rassismus zwischen New York und Los Angeles.

Dass er ein extrovertiertes Unikat darstellt, damit hat er sicher recht. Denn Cameron Jerrell Newton ist der Avantgardist der neuen Generation von Quarterbacks – im Super Bowl in der Nacht zum Montag (0.30 Uhr/Sat 1) treffen die Panthers auf die Denver Broncos, und bei denen agiert ein Spielmacher alter Schule, der fast 40 Jahre alte Peyton Williams Manning. Cam Newton, den manche scherzhaft charakterisieren als einen „Running Back mit einem ganz außergewöhnlich starken Wurfarm“, ist nicht nur für weite Pässe auf die Ballfänger der Panthers verantwortlich – wenn Newton keinen Passadressaten findet, dann klemmt er sich den Ball unter den Arm und legt die nötigen Yards eben höchstpersönlich zurück.

Mit seinen auf 1,96 Meter verteilten 112 Kilogramm ist der Kerl auch nicht einfach zu stoppen. Grandiose 636 Yards Raumgewinn hat Cam Newton in dieser Saison per pedes erzielt, das sind nur 65 Yards weniger als Peyton Manning mit Ball in seiner gesamten NFL-Karriere seit 1998 erlaufen hat. „Wenn die Broncos ihr bestes Spiel machen und wir unser bestes Spiel abliefern, dann gewinnen auf jeden Fall wir“, mutmaßt Newton, was ein wenig arrogant klingen mag, aber den Nagel ziemlich genau auf den Kopf trifft. Die Panthers aus Charlotte haben in dieser Saison erst ein Spiel verloren und gelten als hoher Favorit im Super Bowl.

Denn Peyton Manning steht im Spätherbst seiner außergewöhnlichen Karriere, sieben Spiele hat er wegen einer Fußverletzung verpasst, und nach seiner Rückkehr in die Offense unterliefen ihm Fehler, die er vor einigen Jahren kaum gemacht hätte. 17 Interceptions, vom Gegner abgefangene Pässe, hat der Broncos-Star fabriziert. „Mein Arm ist, wie er ist“, konterte er auf Fragen, „mein Arm fühlt sich okay an – er ist aber nicht mehr derselbe, seit ich mich vor vier Jahren verletzt habe.“ Seinen Würfen mangelt es (im Vergleich zu früher) zunehmend an Kraft und Präzision – doch dieser rechte Arm ist die einzige Waffe, die der Quarterback der alten Schule im Kampf um Raumgewinn besitzt. In der Pocket, geschützt von den mobilen Fleischbergen seiner Offense Line, verfolgt Manning das Geschehen und wirft erst, wenn er sich sicher ist, dass der Pass ankommt. Aber wenn seine Bodyguards ihn nicht lange genug schützen können, wird er zu Boden gerissen, wie es in dieser Saison bereits 16 Mal der Fall war – und in der Verteidigung der Panthers steht Luke Kuechly, der als herausragender Linebacker der NFL gilt; der 24-Jährige erkennt blitzschnell, was der Gegner vorhat und reagiert entsprechend. „Kuechly gegen Manning wird ein entscheidendes Duell in diesem Super Bowl“, vermutet Quarterback-Legende Dan Marino.

Im Stadion der San Francisco 49ers, wo Marino einst regierte, trifft die beste Offensive mit Cam Newton auf die beste Defensive mit Von Miller, dem Star-Verteidiger der Broncos. „Wenn die Broncos die Panthers nicht gleich stoppen können“, sagt Dan Marion, „und ihnen den Wind aus den Segeln nehmen, dann werden sie große Schwierigkeiten bekommen.“ Soll heißen: Es wird weniger darauf ankommen, wie Peyton Manning in der Arena in Santa Clara ins Spiel findet, sondern mehr davon abhängen, ob die Broncos den Star der Panthers stoppen können. Eine Entscheidung scheint ohnehin bereits gefallen: An diesem Samstag wird der wertvollste Spieler der NFL-Saison gekürt – jeder rechnet damit, dass es Cam Newton sein wird. Aber diese Auszeichnung dürfte dem Panthers-Spielmacher reichlich egal sein; er will Touchdowns feiern und tanzen. Er will die Vince-Lombardi-Trophy.