Die Bürgermeister der Anliegerkommunen fordern einmal mehr Maßnahmen zur Entschärfung der Strecke zwischen Sulzbach und Mainhardt. Der Landrat sieht nun vor allem die Bundespolitik in der Pflicht.
Sulzbach - Bladerider“ dreht den Gashahn auf. Die Nadel auf dem Drehzahlmesser des Motorrads geht in den roten Bereich, der Geschwindigkeitsanzeiger ist wohlweislich ausgeblendet. Sein Video, das er stolz auf der Internetplattform Youtube präsentiert, zeige ihn beim „Kurven ballern“ von Sulzbach nach Mainhardt und zurück.
Schon seit Jahren Ärger mit Motorradlärm und -rasern
Der Ärger mit Motorradrasern und -lärm an der B 14 zwischen Sulzbach und Mainhardt ist nicht neu, das Video eher eins der harmloseren Sorte und schon ein bisschen älter. Doch alle Jahre wieder zur Zweirad-Saison kocht die Diskussion wieder hoch. Die kurvige Strecke bergauf in den schwäbischen Wald ist nicht nur bei Gelegenheitsbikern beliebt, sie ist auch für jene ein überregionaler Anziehungspunkt, die mit ihren Maschinen phonetisch und geschwindigkeitstechnisch gerne mal ans Limit gehen. Im Internet kursieren neben Videos wie dem von Bladerider zeitweise auch welche, die illegale Rekordversuche auf der vermeintlichen Rennstrecke und Höchstgeschwindigkeiten bis an die 200-Stundenkilometer-Grenze heran dokumentieren.
Den Bürgermeistern der Anliegerkommunen Großerlach und Sulzbach, Christoph Jäger und Dieter Zahn, ist das seit Jahren ein Dorn im Auge. Und ihre Bemühungen um Maßnahmen an der Strecke stoßen im Landratsamt durchaus auf Resonanz: Rüttelstreifen, Gelbe-Karten-Aktionen, Sitzbankdemontage in sogenannten Applauskurven, Schilderkampagnen und gemeinsame Kontrollaktionen mit der Polizei – man habe einiges getan, um die Strecke zu entschärfen, sagt Richard Sigel. Doch der Landrat muss einräumen, dass der Erfolg nicht durchschlagend, die Möglichkeiten der örtlichen Behörden an einer Bundesstraße begrenzt seien.
Dennoch haben er und die beiden Bürgermeister am Montag die Dienstbesprechung des Regierungspräsidenten Wolfgang Reimer im Rems-Murr-Kreis genutzt, um den Stuttgarter Behördenchef bei einem Vor-Ort-Besuch für das Thema zu sensibilisieren. Während Jäger seine Forderung erneuerte, eine Kurven-Kombination zwischen dem Teilort Grab und Großerlach in ihrer Gesamtheit als Unfallschwerpunkt zu betrachten und so dort ein Tempolimit von 70 Stundenkilometern möglich zu machen, ging Dieter Zahn noch einen Schritt weiter: Er forderte eine auf Motorradfahrer bezogene Geschwindigkeitsbegrenzung auf der gesamten Strecke sowie bauliche Maßnahmen, die dazu zwingen, langsamer zu fahren. „Mit leichten Mitteln kommen wir hier nicht weiter“, polterte der Sulzbacher Bürgermeister. „Die Bevölkerung hat die Nase voll, wir müssen diese Chaoten zur Vernunft bringen.“
Landrat fordert rechtliche Änderungen vom Bund
Stefan Heß, der Abteilungsleiter Mobilität, Verkehr und Straßen im Regierungspräsidium Stuttgart, erwiderte, dass jede Maßnahme auch einen verkehrsrechtlichen Hintergrund benötige und dass ein Tempolimit nur für Motorräder nicht angeordnet werden könne. Und der Landrat Richard Sigel warnte davor, „den Eindruck zu erwecken, wir könnten das Problem mit unseren bescheidenen Mitteln lösen“.
Für ihn ist nicht nur wegen der Straßenzuständigkeit der Bund am Zug. Die Sulzbacher Steige stehe da nur exemplarisch für viele Motorrad-Raserstrecken im Land und im Kreis: Die Polizei und die Ordnungsbehörden hätten bei derzeitiger Rechtslage generell ein klares „Vollzugsdefizit“. Weil ein Motorradfahrer auf den Fotos von Überwachungskameras nicht eindeutig identifiziert werden kann, müsse der Gesetzgeber möglich machen, dass im Zweifelsfall der Halter für Vergehen haftbar gemacht werden könne. Außerdem müssten in Sachen Lärm die Zulassungsvoraussetzungen bei Motorradfahrern geändert werden.
Die Themen seien über die Netzwerke gegen Motorradlärm, denen sich auch der Landkreis angeschlossen hat, längst in Berlin eingespeist worden. Den Bürgermeistern empfahl er, jetzt, vor der Bundestagswahl, die örtlichen Abgeordneten noch einmal daran zu erinnern. Christoph Jäger sieht das genauso, mahnte allerdings auch an, den Ball nicht nur einfach weiter nach Berlin zu spielen: Tempo 70 in dem Bereich vor Großerlach anzuordnen „wäre schon mal ein Zeichen“.