Seit den 70ern ist die Firma Heinz Berner in Sielmingen ansässig, doch kaum jemand kennt sie. Dabei bringt das Familienunternehmen Zigtausende Kinderaugen zum Leuchten, bald auch wieder auf dem Cannstatter Wasen.
Liebesperlen, Leckmuscheln, Traubenzuckerketten, Lutschlippenstifte, Kaugummizigaretten: Es ist eine Sammlung fürchterlich ungesunder, aber herrlich nostalgischer Süßwaren, deren Anblick einen unmittelbar ins Kindesalter zurückversetzt. Damals gab es all diese Leckereien. Und auch heute noch kommt kein Rummel ohne solches Naschwerk aus.
Was kaum einer weiß: Viele Schausteller und Marktbeschicker kaufen in Sielmingen ein. Die Firma Heinz Berner, die dort im Gewerbegebiet ihren Sitz hat, ist Großhändler für Aussteller, die ihre Waren auf der Kirmes, auf Krämer- und Weihnachtsmärkten oder in Freizeitparks anbieten. Betrieben wird das Unternehmen von Dennis Berner (46) und dessen Schwager Manuel Hofmann (55). Ende der 60er hat Berners Großvater den Betrieb gegründet, damals noch in Stuttgart-Uhlbach. Aus Platzmangel zog er Anfang der 70er nach Sielmingen um – und blieb.
Selbst die Affen in der Wilhelma futtern Sielminger Popcorn
„Wir sind ein bisschen undercover“, sagt Dennis Berner. Von außen ist von den kunterbunten Waren nichts zu sehen. Auch gibt es keine Laufkundschaft an dem schmucklosen Lagergebäude. An Privatpersonen wird nicht verkauft. Wer hier etwas erwerben will, braucht einen Gewerbeschein und muss einen Mindestumsatz einhalten. Die Ware wird nur in großen Gebinden abgegeben, säcke- und kistenweise. Die Bandbreite reicht von Zuckerwattestäbchen über Magenbrot bis hin zu sämtlichen Nusssorten. Selbst die Affen aus der Wilhelma futtern Popcorn aus Sielmingen.
Die Firma vertreibt aber nicht nur Essbares. Bis unters Dach türmen sich in der 800 Quadratmeter großen Halle riesige Kisten voller kleiner und großer Bärchen, Einhörner, Tiger und anderer Kuscheltiere. Es sind Hauptgewinne und Trostpreise für Jahrmarktstände. Plastikrosen in allen denkbaren Farben gibt es, Lose, Sterne und Röhrchen für Schießbuden, Trillerpfeifen und Schlüsselanhänger, Autos und Flummis; Ware, die zumeist aus China stammt. Schon sein Großvater sei nach Asien gereist, um für den deutschen Markt einzukaufen, erzählt Berner. Dabei habe er auch prominente Begleitung gehabt. „Mein Opa war mit dem Vater von Robert Geiss in China, um Waren auszuwählen“, erzählt Dennis Berner. Denn der Vater des bekannten TV-Millionärs war Kirmesausstatter.
Heute schrumpfe die Branche. „Die Mitbewerber werden immer weniger. Früher gab es ein Netz, in dem alle miteinander verknüpft waren“, sagt Hofmann. Und das Geschäft sei schwieriger geworden. Seit Corona hätten sich Lieferketten verändert, Lieferzeiten und auch Preise seien unberechenbarer. Entsprechend groß sei das Einzugsgebiet der Firma Heinz Berner, die Kundschaft komme aus ganz Baden-Württemberg, teils auch aus Bayern. Derzeit rüsten sich die beiden Geschäftsführer wieder für den Saisonhöhepunkt: Die Volksfestsaison startet. „Auf dem Wasen sind wir täglich zum Ausliefern“, sagt Berner, aber auch bei den Flammenden Sternen in Ostfildern oder beim Bietigheimer Pferdemarkt werde Sielminger Ware verkauft. Dieser Tage erwarten die Männer eine extra große Lieferung frischer Lebkuchenherzen. Dennis Berner kann sich noch genau an die Anziehungskraft erinnern, die die duftende Leckerei in seiner Kindheit auf ihn hatte. „Wir haben gern Opas Schlüssel geklaut“, erzählt er lachend.