Will die eigene Organisation auf Vordermann bringen: Der designierte Chef von Südwest-Metall. Foto: dpa

Mitte September soll Stefan Wolf die Spitze des Arbeitgeberverbands Südwestmetall übernehmen. Dort will der Chef des Autozulieferers Elring-Klinger die Arbeitswelt in Baden-Württemberg aktiv mitgestalten – ohne Tabus.

Stuttgart/Dettingen - Stefan Wolf mag es, wenn Dinge zügig vorangehen. Freizeit hat der 51-Jährige wenig, deshalb fährt er am Wochenende schon morgens um 6 Uhr auf den Golfplatz und spielt eine kleine Runde. „Dann bin ich wieder zu Hause, bevor meine Familie überhaupt gemerkt hat, dass ich weg war“, sagt Wolf. Und hat auf dem Rückweg gleich Brötchen mitgebracht.

Zeit so effizient wie möglich nutzen – das ist ein Prinzip des 51-Jährigen. Wolf ist seit 2005 Chef des Dettinger Autozulieferers Elring-Klinger, nicht zuletzt unter seiner Ägide ist der schwäbische Hersteller von Motorendichtungen zu einem Weltunternehmen mit 41 Standorten aufgestiegen. Einem erfolgreichen dazu: In guten Jahren erwirtschaften andere Autozulieferer eine Umsatzrendite von fünf Prozent, Elring-Klinger 14 bis 18 Prozent. In schlechten Jahren schreiben viele Firmen sogar rote Zahlen. Wolfs Unternehmen dagegen hat selbst im Krisenjahr 2009 elf Prozent Umsatzrendite eingefahren. Den Schlüssel dieses Erfolgs schreibt der Manager dem Produktmix zu, der für Autohersteller weltweit unverzichtbar ist – neben Dichtungen verkaufen die Dettinger Kunststoffgehäuse und Hitze-Abdeckungen für Fahrzeuge und forschen an alternativen Antrieben. Klingt spröde, hilft der Autobranche aber, das Gewicht und damit auch Spritverbrauch sowie Schadstoffausstoß von Fahrzeugen zu reduzieren. Das Unternehmen profitiert aber auch von seiner Organisation: Fabriken weltweit sehen gleich aus, um überall die gleiche Qualität liefern zu können. Bei den Mitarbeitern setzt Elring-Klinger auf Kontinuität und kommt praktisch ohne Leiharbeiter aus. Dafür hat jeder zehnte der weltweit 6300 Beschäftigten einen befristeten Vertrag – angesichts des Wachstums des Autozulieferer aber auch gute Chancen auf eine Übernahme.

„Dass oberste Ziel muss lauten, den Standort Deutschland wettbewerbsfähig zu halten“

Solche Fragen der Arbeitsgestaltung treiben Wolf nicht nur im eigenen Unternehmen, sondern auch als künftiger Chef des Arbeitgeberverbands Südwestmetall um. „Dass oberste Ziel muss lauten, den Standort Deutschland wettbewerbsfähig zu halten“, sagt Wolf. Dazu müssten auch einfache Produktionsarbeitsplätze im Land bleiben und möglichst sogar neue geschaffen werden. Weil der Trend in die andere Richtung geht, wünscht sich Wolf mehr Flexibilität bei den Arbeitszeiten – also eine effektivere Nutzung von Arbeitszeit- und -kraft. Dabei will er die in der Metallindustrie übliche 35-Stunden-Woche zwar nicht abschaffen, den einzelnen Betrieben über Abweichungen vom Tarifvertrag aber einen größeren Spielraum verschaffen. Den Grundstein für solche Öffnungsklauseln vom Flächentarif haben die Tarifparteien im Südwesten bereits 2004 mit ihrem Abschluss in Pforzheim gelegt. Wolf: „Das lässt sich noch ausbauen.“ Tabus kennt er grundsätzlich keine, „alles muss immer wieder auf den Prüfstand“. Oder wie es der Firmenchef schon an der Uni gelernt hat: „Die schlechtesten Argumente sind: ‚Das haben wir schon immer so gemacht‘, und ‚Da könnte ja jeder kommen‘.“

Die Aufgeschlossenheit gegenüber Neuem bringt Wolf aus seinem Elternhaus mit: Mit einem Vize-Chefredakteur bei einer Tageszeitung als Vater lernte er früh das Diskutieren, nach dem Abi machte er eine Banklehre und studierte später Jura in Tübingen. Zu Elring-Klinger kam Wolf vor 16 Jahren zunächst als Referent der Rechtsabteilung, den Börsengang des Unternehmens im Jahr 2000 hat er wesentlich mitbetreut. Umsatz, Bekanntheitsgrad und Gewinn des inzwischen 137 Jahre alten Unternehmens sind seither deutlich gestiegen, 52 Prozent der Anteile hält nach wie vor die Eigentümerfamilie. Und obwohl Wolf Manager ist und Elring-Klinger am weltweiten Börsenparkett mitmischt – „wir sind in unserer Denke und Herangehensweise an viele Dinge immer noch mittelständisch geprägt“, sagt Wolf.

Vielleicht ist es diese Mischung von Dingen, die eigentlich nicht zusammenpassen und trotzdem funktionieren, die den 51-Jährigen schon vor dem Wechsel an die Südwestmetall-Spitze sehr forsch und selbstbewusst wirken lässt. So möchte er der Gewerkschaft Vorschläge machen, „wie wir bei den Tarifverhandlungen schneller vorankommen können“, aber am liebsten nicht mehr über eine von der IG Metall vorgeschlagene Einschränkung bei Werkverträgen reden, „da das ja genau so ein Flexibilisierungsinstrument ist, das wir brauchen“. Die eigene Organisation will Wolf ebenfalls auf Vordermann bringen, auch dort ließe sich die Taktzahl „ein bisschen erhöhen“, räumt der bisherige Südwestmetall-Vize ein. Demnach ist es ihm sehr wichtig, kleine und mittelständische Firmen im Verband besser einzubinden. Man müsse aber nicht alles „drei bis vier Wochen diskutieren, sondern auch zu einer Entscheidung kommen“.

Die fällt nun erst mal am 19. September, wenn die Südwestmetall-Gremien den Wechsel von Rainer Dulger zu Stefan Wolf an der Verbandsspitze offiziell absegnen. Bis dahin muss der umtriebige Manager etwas Ungewohntes tun – Geduld haben.