Mit Andreas Stoch an der Spitze will die SPD Baden-Württemberg nach internen Querelen einen Neuanfang starten. Foto: dpa

Das Ergebnis ist knapp: Landtagsfraktionschef Stoch gewinnt die Kampfabstimmung um den Vorsitz der SPD-Baden-Württemberg. Kommt die Partei mit ihm an der Spitze wieder auf die Füße?

Stuttgart/Sindelfingen - Mit Andreas Stoch an der Spitze will die SPD Baden-Württemberg nach internen Querelen und schlechten Umfragewerten einen Neuanfang starten. Der Landtagsfraktionschef gewann am Samstag beim Parteitag in Sindelfingen (Landkreis Böblingen) eine Kampfabstimmung gegen den Bundestagsabgeordneten Lars Castellucci. Stoch bekam im ersten Wahlgang 159 Stimmen (50,64 Prozent), auf Castellucci entfielen 151 Stimmen (48,09 Prozent). Es gab vier Enthaltungen. Nach seiner Niederlage rief Castellucci seine Anhänger dazu auf, jetzt den neugewählten Vorsitzenden zu unterstützen.

Stoch hatte in seiner Bewerbungsrede gesagt, die Südwest-SPD müsse einen Wandel schaffen - weg von einer Kultur des Misstrauens und der Vorwürfe hin zu einer Kultur der Wertschätzung und der Solidarität. Die Partei habe ihre Kraft in den vergangenen Jahren viel zu sehr darauf verwendet, sich mit sich selbst zu beschäftigen. Die SPD müsse wieder Selbstvertrauen entwickeln - dann vertrauten ihr auch die Menschen im Land wieder, dass sie deren Probleme löse. Stoch kündigte zudem an, vor der Kommunalwahl im nächsten Jahr ein Volksbegehren über Gebührenfreiheit in Kitas starten zu wollen.

Geschlossenheit und Versöhnung gefordert

Die bisherige Vorsitzende Leni Breymaier, eine Parteilinke, hatte nach zwei schwierigen Jahren im Amt nicht wieder kandidiert. Sie hatte zwar das SPD-Basisvotum zum Vorsitz knapp gewonnen. Jedoch warf sie das Handtuch, weil sie ihren Rückhalt in der Partei als zu gering empfand. Castellucci blieb bei seiner Kandidatur, obwohl er das Basisvotum verloren hatte - was seine Kritiker bemängelten.

Viele Delegierte riefen zur Geschlossenheit und Versöhnung in der Partei auf. Der Gegner stehe nicht innerhalb, sondern außerhalb der Partei, sagten sie mit Blick auf Rechtspopulisten in den Parlamenten. Redner verwiesen auf die anstehenden Kommunal- und Europawahlen 2019 und auf die Landtagswahl 2021. Stoch dürfte jetzt auch gute Chancen auf die Spitzenkandidatur seiner Partei in drei Jahren haben.

Zum neuen Generalsekretär wählte der Parteitag den Innenexperten der SPD im Landtag, Sascha Binder - mit 69,44 Prozent der Stimmen. Binder folgt auf Luisa Boos, die nach zwei Jahren im Amt nicht wieder angetreten war. Zudem wurden vier stellvertretende Parteichefs bestimmt. Dies sind Gabi Rolland (75,5 Prozent), Parsa Marvi (79,9 Prozent) Dorothea Kliche-Behnke (76 Prozent) und Jasmina Hostert (80,1 Prozent). Schatzmeister bleibt Karl-Ulrich Templ (90 Prozent).

Desolate Situation

Die SPD ist im Südwesten in der Opposition und in einer desolaten Situation: In einer Umfrage vom September kam sie nur noch auf elf Prozent. Bei der Landtagswahl 2016 hatte sie mit 12,7 Prozent einen Tiefschlag erlitten. Im Landtag ist sie noch mit 19 Abgeordneten vertreten. Der SPD-Landesverband hat rund 36 000 Mitglieder.

Für viel Unmut sorgt in der baden-württembergischen SPD der Entwurf des Bundesvorstands für die Liste zur Europawahl 2019. Die Landespartei hatte die Abgeordneten Evelyne Gebhardt und Peter Simon mit großen Mehrheiten nominiert. Der SPD-Bundesvorstand setzte aber Landesgeneralsekretärin Boos auf Platz 15 der Liste, um den Anteil junger Frauen auf aussichtsreichen Plätzen zu erhöhen. Gebhardt und Simon stehen auf den aussichtslosen Plätzen 25 und 28. Aufgestellt wird die Liste bei der Europadelegiertenkonferenz am 9. Dezember in Berlin. Bundesparteichefin Andrea Nahles hat ihre Teilnahme an dem Landesparteitag abgesagt, was bei vielen auf Unverständnis stieß.