Reinhold Messners sechstes und letztes Museum versteckt sich zum größten Teil unter der Erde. An vier Stellen ragt es aus dem Gestein - die umliegende Landschaft spiegelt sich in den Fenstern. Foto: Zaha Hadid

Letzten Donnerstag hat Reinhold Messner sein sechstes und letztes Museum eröffnet. Es thront auf dem Kronplatz in Südtirol - und setzt sich spektakulär in Szene.

Bruneck - Reinhold Messner tritt an den Rand des Abhangs. Er breitet die Arme aus, lässt den Blick in die Ferne schweifen und sagt: „Von hier oben aus ist Südtirol das schönste Land der Welt. Ich sehe keine verbaute Landschaft, nirgendwo.“ Der 70-jährige Bergsteiger, Abenteurer und Buchautor steht auf einem der schönsten Aussichtsgipfel seiner Heimat, dem 2275 Meter hohen Kronplatz bei Bruneck im Pustertal.

Die Sonne brennt, die Sicht reicht von den Dolomiten bis hinüber zum vergletscherten Alpenhauptkamm. Hier hat Messner den Ort für den Schlusspunkt seiner sechs Bergmuseen gefunden, die er über Südtirol verteilt hat. In Schlössern, nachgebauten Gletscherspalten und eben auf Gipfeln will er zeigen, dass die Berge mehr sind als Skipisten.

15 Jahre Zeit und viel Geld

Am vergangenen Donnerstag hat er das Messner Mountain Museum Corones auf dem Kronplatz eröffnet. Ein besonderer Ort an der Grenze zwischen deutscher, italienischer und ladinischer Kultur. Und die Krönung von Messners gewaltigem Museumsprojekt, in das er 15 Jahre Zeit und viel Geld gesteckt hat. Nicht von ungefähr heißt Corones im Ladinischen Krone. Das Haus, entworfen von Stararchitektin Zaha Hadid, widmet sich dem klassischen Bergsteigen als Königsdisziplin des Alpinismus. Wie in den anderen Häusern zeigt Messner dort Kunst und Reliquien wie Steigeisen oder sonstige Ausrüstungsgegenstände.

Garniert wird die Sammlung mit markanten Denksprüchen. Und Messner wäre nicht er selbst, wenn er dabei nicht kritische Töne fände: „Wo hört der Alpinismus auf, und wo fängt der Tourismus an, wenn man Pisten aus Leitern baut wie am Mount Everest?“, fragt er und hält einen flammenden Appell für das klassische Bergsteigen - im Einklang mit der Natur und ohne große Hilfsmittel. Eine Leiter gleich denen vom höchsten Berg der Welt weist direkt am Eingang des Museums darauf hin, wovon hier erzählt wird.

Der eigentliche Star der Ausstellung aber ist das Gebäude selbst. Vorn geht es in den Berg hinein, auf der anderen Seite ragen drei Arme wieder hinaus. Ein Balkon und zwei gewaltige Fenster stellen die Verbindung her zur Landschaft draußen über den Wolken. „Die Berge spiegeln sich nach innen, das Innere projiziere ich hinaus“, sagt Messner. Museum und Erhabenheit der Umgebung sollen eins werden.

Eine Sammlung von Tipis

Dabei nimmt Messner auch einen scheinbaren Widerspruch in Kauf. Denn wer vor dem neuen Museum steht und sich umdreht, blickt auf den puren Kommerz. Der Kronplatz ist ein Berg, wie er dem berühmtesten Bergsteiger der Welt eigentlich nicht gefallen dürfte. Seilbahnen, Skilifte, Restaurants, eine überdimensionale Schaukel für Adrenalin-Freunde, Mountainbiker und gar eine Sammlung von Tipis finden sich da. „Dieses spektakuläre unterirdische Gebäude, das höchstgelegene Museum Südtirols, soll die Marke Kronplatz stärken und noch bekannter machen“, sagt Matthias Prugger, Präsident von Skirama Kronplatz.

Der Betreiber der touristischen Anlagen am Berg hat als Bauherr fungiert und erhofft sich durch das Gebäude vor allem mehr Besucher im Sommer. Messner lobt dessen „Mut, ein neues Highlight für Entschleunigung und Kultur“ zu setzen. Weg vom schneller, höher, weiter, das ansonsten hier gilt. „Infrastrukturen gehören in die Kulturlandschaft, die der Mensch seit langem prägt“, sagt Messner.

Dazu zählt für ihn in diesem Fall auch der Kronplatz mit seinen Touristen. Am Ende verrät der 70-Jährige im Bauch seines neuen Prachtstücks noch, dass er die Leitung der Museen seiner Tochter überträgt. „Ich ziehe mich zurück. Ich bin kein Verwalter und zudem ein älterer Herr. Das hier braucht jetzt junge Ideen“, sagt Messner lächelnd. In Rente geht er deshalb nicht. Filme machen will er. Über die Berge. Und über unverbaute Landschaften am Horizont.

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Anreise und Unterkunft
Je nach Museum empfiehlt sich die Anreise mit dem Auto über den Brenner oder den Reschenpass. Alle Häuser sind auch mit Zug und Bus erreichbar. Zum neuen Museum Corones geht es über Innsbruck und den Brenner bis Brixen, danach durchs Pustertal nach Bruneck. Dorthin auch per Bahn. Das Museum auf dem Kronplatz-Gipfel (2275 m) ist von drei Seiten mit verschiedenen Seilbahnen oder zu Fuß in einer mehrstündigen Wanderung zu erreichen.

Unterkünfte gibt es reichlich in allen Preiskategorien. Messner Mountain Museen Die sechs Messner Mountain Museen sind zu unterschiedlichen Jahreszeiten geöffnet und haben unterschiedliche Schwerpunkte. Wer sie alle besuchen will, kann ein Tour-Ticket für 35 Euro erwerben, das zum jeweils einmaligen Eintritt in jedes Haus berechtigt.

Das neue Museum MMM Corones in Bruneck (1) hat noch bis zum zweiten Sonntag im Oktober sowie vom ersten Sonntag im Dezember bis Mitte April täglich von 10 bis 16 Uhr geöffnet. Es beschäftigt sich mit dem traditionellen Alpinismus. Der Eintritt kostet für Erwachsene sieben, für Kinder vier Euro.

Herzstück der sechs Häuser ist MMM Firmian im Schloss Sigmundskron über Bozen (2). Dort wird gezeigt, was der Mensch in den Bergen bewirkt.

Spektakulär greift das MMM Ortles im Talschluss von Sulden (3) das Thema Eis auf.

Der Fels steht im Mittelpunkt im MMM Dolomites auf dem Monte Rite bei Cibiana di Cadore (4).

Das zweite Museum in Bruneck, MMM Ripa (5), zeigt die Kulturen der Bergvölker. Messners Wohnschloss Juval (6) in Kastelbell ist der Kunst gewidmet.

Allgemeine Informationen
Umfangreiche Details zu den verschiedenen Museen gibt es unter: www.messner-mountain-museum.it