Sand, so weit das Auge reicht. In der Namib-Wüste sinken die Reifen auf der Piste oft so tief ein, dass die Radler schieben müssen. Foto: von Kapff

Dass Extremsportler 1100 Kilometer durchs südliche Afrika radeln können, weiß man. Aber schafft das auch ein normaler Familienvater? Unser Autor hat den Versuch gewagt.

Kapstadt - Schon wieder taucht am Horizont eine Steigung auf, und minütlich wird es heißer. Dabei ist es erst 10 Uhr vormittags. Nur nicht aufgeben! Einfach weitertreten und die Klickpedale mal rechts, mal links nach unten drücken. Oder nach oben ziehen, wenn die Oberschenkel zu sehr aufschreien. Und vor allem nicht darüber nachdenken, wie viele Kilometer noch zu schaffen sind. 145 sind es insgesamt an diesem Tag. Es ist der härteste dieser Tour - in 19 Tagen von den Victoria-Wasserfällen in Sambia bis nach Kapstadt, der Vorzeigemetropole Südafrikas. 1100 Kilometer auf staubigen Pisten durch Wüsten und Savannen, das ist sogar für Mountainbike-Freaks eine Herausforderung, die schon in den Anden oder in der Mongolei mit ihren Rädern wochenlang unterwegs waren. Wie weit kommt da ein Mountainbike-Einsteiger? Wie belastbar ist der Körper eines Stadtmenschen, der meist fast den ganzen Tag vor dem PC sitzt? Ist er in der Lage, seine Muskulatur in kurzer Zeit auf solch eine (Tor-)Tour vorzubereiten? Er kann - offenbar.

Jetzt strampelt er durch die Namib-Wüste. In der Ferne leuchten die rötlichen Berge jener Traumlandschaft in Namibia, die im Licht der jeweiligen Tageszeit völlig anders erscheint. Er flucht, und er schwitzt und ist im Nachhinein um jeden Kilometer froh, den er in die Vorbereitung investiert hat: Zweieinhalb Monate dreimal pro Woche mit dem Rad von Ingolstadt nach Eichstätt und zurück - mehr ging zeitlich nicht. Jetzt aber erst einmal eine Pause. Das Begleitfahrzeug, ein geländegängiger Bus, wartet am Rand der staubigen Piste. Zeit für ein paar Erdnüsse, Gummibärchen, Rosinen und Wasser. Ein bisschen strecken und dehnen und gemeinsam auf die Anstrengung schimpfen. Minuten später geht es weiter auf einer Piste, die diesen Namen kaum verdient. Alle paar Jahre schiebt ein Gerät, das einem monströsen Schneepflug gleicht, das lockere Gestein zur Seite. Hier ist der Pflug allerdings schon lange nicht mehr gewesen, deshalb wechseln sich Sand und Geröll ab.

Der größte Wasservorhang der Erde

Daher geht es heute vor allem darum, nach etwas festerem Untergrund zu suchen. Und das Vorderrad stets fest im Griff zu haben, da es ständig auszubrechen versucht. Der Anfang dieser Tour war noch recht gemütlich gewesen. Treffpunkt der internationalen Gruppe, zur Hälfte Engländer, zur anderen Hälfte Deutsche, war im Water Front Camp in Livingstone. Gemächlich fließt dort der Sambesi an der Camp-Terrasse vorbei, ehe er ein paar Kilometer weiter in eine 110 Meter tiefe Schlucht stürzt: die Victoria-Wasserfälle, die als der größte Wasservorhang der Erde gelten. Die Fahrt mit den Rädern dorthin war die Aufwärmrunde. Gut eineinhalb Stunden auf guten Straßen, nicht mehr als ein Test, ob die Bikes in Ordnung sind. Perfekt für eine solche Radreise sind hochwertige Karbon-Mountainbikes, die stabil und doch verblüffend leicht sind. „Nach ein paar Tagen in der Wüste werden Sie sich nach der Gischt der Victoria-Wasserfälle sehnen“, hatte es in der Tourenbeschreibung geheißen.

Heute, auf der 145-Kilometer-Etappe, weiß jeder, was gemeint war. Nach dem Wecken um 4 Uhr und dem Start um 6 Uhr war es noch relativ frisch, doch inzwischen brennt die Sonne gnadenlos herab. Knapp 40 Grad hat es in den heißesten Stunden des Tages. Ohne die Radhelme würde es gar nicht gehen, denn immerhin sorgen die Schlitze in der Helmschale, die auch als Sonnenschutz dient, für einen gewissen Luftstrom. Trotzdem läuft der Schweiß in die Augenwinkel und dann über die Wangen in Richtung Kinn. Die ersten drei Mitfahrer sind ins Begleitfahrzeug umgestiegen. „Das tue ich mir nicht mehr an“, hat Richard, einer der Engländer, geflucht und aufgegeben. Allerdings bietet diese Tour nicht nur einen Marathon auf dem Rad, sondern auch die spektakulärsten Sehenswürdigkeiten des südlichen Afrika. Sie führt durch das größte Binnendelta der Erde, das Okavango-Delta. Immer wieder gibt es fantastische Möglichkeiten, Tiere zu beobachten.

„Elefanten spielen sich bloß auf“

So tauchen ab und an in ein paar Hundert Meter Entfernung immer wieder graue Flecken seitlich der Fahrtstrecke auf. Es sind Elefanten, die gar nicht begeistert sind, dass sie die Straße wegen der Radler nicht passieren können. Zornig schnauben sie, stampfen und stellen die Ohren auf. Guide Tallis Wessels lacht nur: „Elefanten spielen sich bloß auf.“ Tatsächlich drehen sich die grauen Riesen irgendwann um und verziehen sich ins Unterholz. In Botsuana steht der Moremi-Nationalpark auf dem Programm. Ein Tag Bike-Pause, dafür ein Jeep-Trip durch eine weitgehend unberührte Steppen- und Buschlandschaft. Und ein Erlebnis der besonderen Art: Nicht oft hat man Gelegenheit, eine Löwen-Familie aus nächster Nähe bei der Mahlzeit zu beobachten.

Ab und zu schaut einer der Löwen mit seinem blutverschmierten Maul den Radlern für lange fünf, sechs Sekunden direkt ins Gesicht - ein bisschen gruslig ist das schon. Einen weiteren Höhepunkt hat der Veranstalter dagegen gezielt eingeplant: Die Teilnehmer erleben den Sonnenaufgang auf einer der größten Sanddünen der Erde. Ein Anblick, so unvergesslich wie der des indischen Liebestempels Tadsch Mahal oder des Sonnenuntergangs auf dem Sella-Stock in Südtirol. Dass die Radler elend lange brauchen für die letzten Kilometer dieses langen Tages, dass sie fast dahinschleichen mit ihren modernen stylischen Bikes - es ist egal. Als sie nach 145 Kilometern und zwölf Stunden auf dem Rad durch die Tore des Zelt-Camps fahren, sind sie selbst zum Jubeln zu schlapp. Sie klatschen sich lediglich ab. Entscheidend ist aber ohnehin etwas ganz anderes. Seit heute weiß auch der Mountainbike-Einsteiger sicher, dass er die restlichen Kilometer nach Kapstadt schaffen wird. Er weiß, dass das Experiment gelungen ist, dass auch ein normaler Familienvater eine Tour wie diese durchstehen kann. Das ist der eigentliche Triumph dieses Tages.

So wird das Wetter für die Weltreise

Südliches Afrika

Anreise
South African Airlines (SAA) fliegt über Johannesburg nach Livingstone (Sambia) sowie von Kapstadt. Preis ab Kapstadt für den Gabelflug ab 1000 Euro. Vorteil: Bei SAA werden die Fahrräder kostenlos befördert, www.flysaa.com . Bei KLM (ebenfalls über Johannesburg) kostet der Flug ebenfalls 1000 Euro, teils lange Zwischenstopps, www.klm.com .

Unterkunft
In Livingstone bietet sich das Sambesi Water Front-Camp, Sichango Drive, mit seiner großen Holzterrasse zum Sambesi an, Übernachtung im Zelt kostet 39 Euro, DZ mit Frühstück ab 60 Euro, www.thezambeziwaterfront.com .

Ausgezeichnet beurteilt wird auch das Tabonina Guesthouse, 3 Maisoko Road, DZ ab 38 Euro ohne Frühstück, www.taboninaguesthouse.com.

Geheimtipp in Kapstadt: Die Kette sweetestguesthouse unterhält einige Kleinst-Pensionen in teils kolonial geprägten Häusern (ab 55 Euro DZ ohne Frühstück) www.sweetestguesthouses.com .

Veranstalter
Die Tour ist als selbst organisierte Reise nur für sehr erfahrene Outdoor-Profis durchführbar. Hauser-Exkursionen bietet die Tour (21 Tage, Unterkunft und fast alle Mahlzeiten) für 2870 Euro pro Person ohne Flug an, www.hauser-exkursionen.de .

Weitere geführte Radreisen im südlichen Afrika mit ähnlicher Streckenführung gibt es bei African Bikers, www.africanbikers.de oder bei Rotalis - Reisen per Rad, www.rotalis.de

Allgemeine Informationen
Sambia Tourism in Berlin, Tel.: 030 / 2 06 29 40. www.zambia-tourism.com

South African Tourism in Frankfurt, www.southafricantoursm.de.

CMT aktuell
Am ersten Wochenende der bevorstehenden Publikumsmesse für Freizeit und Touristik in Stuttgart, der CMT (17. bis 25. Januar), stehen Fahrrad- und Erlebnisreisen mit Wandern im Mittelpunkt. 260 Aussteller, davon mehr als 70 aus dem Ausland, zeigen am 17. und 18. Januar in Halle 9, welche Regionen für einen Rad- oder Wanderurlaub besonders geeignet sind und welche Produkte und Dienstleistungen aktuell auf dem Markt sind. Messebesucher dürfen sich auf ein attraktives Rahmenprogramm mit zahlreichen Fach- und Multimedia-Vorträgen freuen, www.messe-stuttgart.de/fahrrad .

Unser Autor Gerhard von Kapff berichtet an beiden Tagen um jeweils 12 Uhr von seiner (Tor-)Tour durchs südliche Afrika, www.abenteuer-zum-nachmachen.com