Für Weinliebhaber ist Südafrika ein gelobtes Land. Die Keller stehen für Besucher offen. 

Kapstadt - Die Wand, gegen die wir laufen, als die Tür nach draußen aufgeht, macht weiche Knie. Dabei ist es nur die frische Luft. Aber diese Luft ist verdammt warm, und wir haben gerade im Gewölbekeller von Hartenberg Estate vier wunderbar kühle Weißweine verkostet. Da darf der Kreislauf kurz mucken.

Egal, wir sind ja schon anderthalb Wochen unterwegs auf dieser Reise und wissen, was hilft. Einmal kurz alles durchschütteln und ab ums Eck durch die nächste Tür nach drinnen. Da ist der Fasskeller für die Roten in dem Weingut bei Stellenbosch. Nicht ganz so kühl wie der für die Weißen, aber viel kühler als der südafrikanische Spätsommer. Im Rotweinkeller, der eine gigantische klimatisierte Halle ist, in der Hunderte französischer Barrique-Fässer gestapelt sind, stehen drei weitere Weine zur Verkostung an. Ein Merlot, ein Shiraz, ein Cabernet Sauvignon, die üblichen Verdächtigen, die fast jedes südafrikanische Weingut erzeugt. Sonette und Heleen Rabe, Mutter und Tochter des Hauses, tischen zu jedem Wein ein anderes Fingerfood auf. Am besten kommt die „Smoked Olive Paste“ zum Shiraz. Von guter, leichter und bekömmlicher Küche verstehen sie viel in diesem Land.

Immer, wenn die Akustik stimmt - und in Weinkellern ist das bisweilen der Fall -, holt Bert Seiter die Querflöte raus und gibt irgendwas zwischen Bach und Jethro Tull zum Besten. Seiter, 51, ist Weinimporteur und Veranstalter von Weinreisen. 150 000 Flaschen jährlich führt Seiter allein aus Südafrika nach Deutschland ein, und die zehn Weingüter, die wir insgesamt in zwei Wochen besuchen, werden exklusiv durch ihn bei uns vermarktet. Kein Wunder also: Wohin wir auch kommen, gehen alle Türen auf.

Eine besondere Ehre widerfährt uns auf dem Weingut Mooiplaas, das seit 1806 von der Familie Roos betrieben wird. Drei-, viermal im Jahr an einem Sonntag bittet das Familienoberhaupt zur „Langtafel“, an der zum Lunch alle Platz nehmen, die zur Familie gehören. Zuvor haben uns die beiden Brüder Tielman und Louis, von denen der eine für die Arbeit im Weinberg verantwortlich ist, der andere für die Arbeit im Keller, auf geländegängigen Trucks durch die Rebhänge hinauf zum höchsten Punkt von Mooiplaas gefahren. Das Weingut zählt zu den großen in Südafrika und liegt näher an Kapstadt als an Stellenbosch. Was für eine Aussicht dort oben: links die Helderberg Mountains, geradeaus die False Bay, daneben in der Ferne die Berge der Kap-Halbinsel, rechts die ersten Häuser von Kapstadt und dann noch der Tafelberg.

Die Landschaft ist filmreif, und die Steaks sind oberarmdick

Zurück im Gut macht Louis zum Aperitif einen MCC (Schaumwein nach Champagner-Methode) auf, nach Art Napoléons, ziemlich filmreif: mit dem Säbel. So viel Tradition gibt es nicht auf allen Gütern, die wir besuchen. Auf einigen gibt es noch gar keine, denn sie sind nagelneu. Erst seit dem Ende der Apartheid und dem Ende der damit einhergegangenen Handelsboykotte vieler Länder gegen Produkte aus Südafrika, also seit Mitte der 90er Jahre, gibt es für Weingüter nennenswerte Exportmöglichkeiten. Die Voraussetzungen für erfolgreichen Weinbau sind rund ums Kap der Guten Hoffnung vorzüglich: stabiles, warmes Klima, immer eine leichte Brise vom Meer her und gute Böden.

Zum einen sind es Agrarier, die den Weinbau als zweites Standbein hinzugenommen haben, wie etwa der Schafzüchter Johann de Kock auf Zoetendal, dem südlichsten und mit acht Hektar kleinsten Weingut auf unserer Reise im Anbaugebiet Elim. Oder auf dem etwa 100 Kilometer nördlich von Kapstadt gelegenen Gut Groote Post (Weinregion Darling), das zwar bereits 1706 gegründet wurde, bis vor 20 Jahren jedoch ausschließlich von der Rinderzucht lebte. Auch heute erleben wir in den scheinbar unendlichen Weiten dieser Farm allerhand Tierzeug, darunter
sogar wildes. Kühe allerdings sind nicht darunter.

Zum anderen sind es (sehr) reiche Leute, die sich (auch noch) ein Weingut leisten. Auf Saronsberg Cellar ist das so, wo uns Dewaldt Heyns empfängt, einer der renommiertesten Winemaker Südafrikas. Auch er fährt mit uns erst im Truck in den Weinberg, köpft ein paar Flaschen MCC und lässt die Kulisse auf uns wirken: die Bergkette rund um den Talkessel von Tulbagh, auch das einfach filmreif. Wie auch später das Ambiente im Weingut, wo Heyns, obwohl die Lese wie auf allen Gütern in vollem Gange ist, persönlich den Grill anfeuert und ein paar oberarmdicke Filets auflegt. Vor sich hat er den gutseigenen Stausee, aus dem die Weinberge während Trockenperioden bewässert werden können, im Rücken hat er seinen Arbeitsplatz: eine Kathedrale zeitgemäßer Weinbau-Technologie und zeitgenössische Kunst. Denn der sammelnde Besitzer wollte auf Saronsberg auch noch einen Platz schaffen, an dem all die Kunstwerke unterkommen, für die in seinem Wohnzimmer keine Wand mehr frei ist.

Infos zur Weinreise

Veranstalter von Weinreisen
Bert’s Weintours, Regensburg, Telefon 09 41 / 89 21 15, www.berts-weintours.de.

Die nächste Reise Weinreise nach Südafrika findet vom 19. bis 29. Oktober statt. Im Preis von 2980 Euro pro Person im DZ sind der Direktflug von Frankfurt oder München nach Kapstadt enthalten, die Unterkunft, die Weinproben, Safarifahrten und der Transport in Kleinbussen. Auch diese Veranstalter bieten Weinreisen in Südafrika an: vinTour in Lüneburg, www.vintour-weinreisen.de; zentours in Berlin, www.zentours.de; intaba in Ehningen www.intaba.de.

Beste Reisezeit
Oktober (Frühling am Kap) und Januar bis April (Weinlese am Kap).

Was man tun und lassen sollte
Auf jeden Fall Shorts einpacken. Kniefrei ist im südafrikanischen Sommer für beide Geschlechter gebräuchlich.
Auf keinen Fall bei einer Verkostung zu tief ins erste Glas schauen. In aller Regel produzieren südafrikanische Weingüter um die zehn verschiedene (Weiß- und Rot-)Weine.