Die Sparpläne von Landrat Markus Möller würden die Suchtberatung im Kreis beenden. Betroffen wären unter anderem die Göppinger Kontakt- und Anlaufstelle „Koala“. Foto: Giacinto Carlucci

Der Göppinger Landrat Markus Möller will sparen – und gefährdet damit die einzige Suchtberatungsstelle im Landkreis Göppingen. Mit welchen Folgen?

Insgesamt 500.000 Euro Förderung pro Jahr stehen auf der Kippe. „Das gesamte Team ist erst mal in ungläubige Schockstarre verfallen“, erzählt Nicola Zimmermann, Leitung des Fachbereichs Sucht der Diakonischen Bezirksstelle Geislingen-Göppingen. Vor einem Monat erfuhr sie, dass sich der Zuschuss für die Suchtberatung der Diakonie auf der Streichliste des Landrats befindet. „Wir dachten, das kann nicht ernst gemeint sein.“

 

Schließlich steige die Zahl der Drogentoten in Deutschland. Sie zitiert Hendrik Streeck, Beauftragter der Bundesregierung für Sucht- und Drogenfragen. Er sprach im Sommer von einer „quasi pandemischen Dynamik“ auf dem Drogenmarkt. „Gleichzeitig streicht man nun die einzige Drogenberatungsstelle im Landkreis?“, fragt Zimmermann.

Bislang bezuschusst der Landkreis die Suchtberatungsstelle des Evangelischen Kirchenbezirks mit mehr als 500.000 Euro jährlich. Nach dem ersten Haushaltsplanentwurf des neuen Göppinger Landrats Markus Möller (CDU) soll die Förderung entfallen, genauso wie Mittel für weitere soziale Projekte und Anlaufstellen. Damit soll der hoch verschuldete Landkreis entlastet werden. Rund 16 Millionen Euro sollen gespart werden. Noch handelt es sich um einen Entwurf: Das letzte Wort hat der Kreistag, der über die Vorschläge entscheidet.

Die Streichung bedeutet das Ende der Suchtberatung

Der Fachbereich Sucht finanziert sich aus Mitteln der Kommune, des Landes und der Kirche. Fällt der kommunale Anteil weg, sei auch ein Stopp des Landeszuschusses zu befürchten. Die Eigenmittel der Kirche beliefen sich auf 280.000 Euro – zu wenig, um die Beratungsarbeit aufrechtzuerhalten, und auch mit anderen Fördermitteln lasse sich das Defizit nicht auffangen. Die Streichung würde das Ende der Suchtberatung bedeuten. Betroffen wären die Beratungsstelle in Göppingen, die Außenstelle in Geislingen sowie die Göppinger Kontakt- und Anlaufstelle für Drogengebrauchende „Koala“.

„Für Betroffene gibt es dann keine niedrigschwellige Anlaufstelle mehr“, sagt Zimmermann. Suchtberatung sei Prävention, Krisenhilfe und Stabilisierung in einem. Fällt die Unterstützung weg, würden andere Systeme belastet: Kliniken, Justiz und soziale Sicherungssysteme. Wer suchtkrank ist, könne seinen Arbeitsplatz verlieren, dann die Wohnung und würde womöglich in Beschaffungskriminalität rutschen. Zimmermann verweist auf eine Studie im Auftrag des bayerischen Gesundheitsamtes aus dem Jahr 2022: Jeder von bayerischen Bezirken in die ambulante Suchtberatung investierte Euro spart 17 Euro an Folgekosten. Zimmermann „Wenn die Probleme der Menschen nicht ernst genommen werden, verschwinden sie nicht, sondern werden größer.“

Tausende Kontakte in der Einzel- und Gruppenberatung

4500 Kontakte zählt der Evangelische Kirchenbezirk jährlich in der Einzel- und Gruppenberatung. Im „Koala“ kommen etwa 1500 Besuchskontakte hinzu. Die Zahl nahm zuletzt ab. Das führt Zimmermann auf den Personalwechsel in den Beratungsstellen zurück. Zudem liege es an der Entkriminalisierung von Cannabis.

Von der Streichung betroffen wären auch die Beschäftigten: 7,5 Fachkraftstellen, 1,25 Verwaltungsstellen sowie Personen, die über das Jobcenter eine Arbeitsgelegenheit erhalten haben. Da auch in anderen Bereichen der Diakonie Streichungen vorgesehen sind, sieht Zimmermann keine Option, die Mitarbeitenden intern zu versetzen. „In Anbetracht der Finanzlage ist es nachvollziehbar, über Kürzungen nachzudenken.“ Dass der Sozialbereich nicht ausgeschlossen ist, sei in Ordnung. Dass es ihn schwerpunktmäßig treffen soll, aber nicht. „Alles muss seine Verhältnismäßigkeit haben“, sagt sie.