Auch Projekte am Flughafen Stuttgart wurden vom Land ohne Ausschreibung gefördert. Foto: Horst Rudel

Die Förderung eines einzelnen Fahrschulverbandes brachte dem Landesverkehrsministerium reichlich Ärger ein. Nun zeigt sich: Es war nicht das einzige Projekt, das auf ungewöhnliche Weise zustande kam.

Das Verkehrsministerium Baden-Württemberg hat in den vergangenen fünf Jahren mindestens 36 Millionen Euro für Projekte vergeben, die von den Empfängern selbst vorgeschlagen worden waren und nicht ausgeschrieben wurden. Das Haus von Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) listete auf eine Anfrage des Landtagsabgeordneten Friedrich Haag (FDP) 36 Projekte mit einer bewilligten Fördersumme von mehr als 36 Millionen Euro auf, die nicht durch eine öffentliche Ausschreibung vergeben worden waren, sondern direkt an die Antragsteller gingen, die das jeweilige Projekt selbst vorgeschlagen hatten.

Nur wenige Projekte wurden abgelehnt

Die mit 14 Millionen Euro größte Summe entfällt auf ein Projekt, mit dem die technische Umsetzung und die Zuverlässigkeit des automatisierten Busbetriebs in der Stadt und auf dem Land ermittelt werden sollen. Unter den auf diese Weise geförderten Vorhaben sind auch zwei Projekte des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) zur Bereitstellung regenerativ erzeugter Kraftstoffe etwa in Lastwagen sowie zwei Projekte, die für den Flughafen Stuttgart bestimmt sind. Eines davon sieht vor, dort ein „Exzellenzzentrum für wasserstoffelektrische Luftfahrt“ einzurichten, das andere den Bau einer Anlage zur Herstellung synthetischer Flugzeug-Kraftstoffe. Demnach wurden nur zwei Projekte abgelehnt. Das Ministerium schloss nicht aus, dass die Auflistung angesichts des erheblichen Aufwands für die Beantwortung der Anfrage Lücken enthält.

Der Rechnungshof hält Anträge, bei denen die Initiatoren auch die Geldempfänger sind, für problematisch, weil bei ihnen kein Wettbewerb um die beste Verwendung der öffentlichen Mittel in Gang kommt. Zudem rügte der Rechnungshof aus Anlass von Hermanns Förderprojekten für die E-Mobilität „Ad-hoc-Förderungen“ und rät, die „Erforderlichkeit einer Förderung zu prüfen“.

Zweifel an EU-rechtlicher Zulässigkeit

Zusätzlich zu den vier Projekten gab das Land eine knappe Million Euro für zwei weitere Projekte aus, die von den Rechnungsprüfern bereits gerügt wurden. Beim Projekt „Verkehrswacht elektrisiert“ stellte das Ministerium rund 400 000 Euro zur Verfügung, damit die Verkehrswacht E-Autos leasen und für Probefahrten zur Verfügung stellen konnte. Die Rechnungsprüfer halten dieses Projekt für überflüssig, da auch gewerbliche Autoverkäufer solche Probefahrten anbieten. Zudem äußern sie Zweifel an der EU-rechtlichen Zulässigkeit dieses Projekts, da es mit staatlicher Hilfe gewerblichen Anbietern Konkurrenz mache und somit gegen EU-Wettbewerbsrecht verstoßen könne.

Beim Projekt „Fahrschule der Zukunft“ erhielt der Fahrschulverband eines Stuttgarter Fahrlehrers mehr als 500 000 Euro für Projekte, die der Weiterbildung von Fahrschulen beim Thema Elektromobilität dienen sollen. Ein anderer Fahrschulverband erklärte daraufhin, diese Förderung sei überflüssig, da Fahrlehrer ohnehin seit Jahren zum Thema Elektromobilität geschult würden, ohne dass der Steuerzahler dafür habe herangezogen werden müssen.

Ministerium: Hermann nicht beteiligt

Das Projekt gerät auch deshalb in die Kritik, weil der Stuttgarter Fahrlehrer, der den Zuschuss beantragt hatte, als politischer Freund des Verkehrsministers gilt. In seiner Antwort auf die Anfrage Haags, die unserer Zeitung vorliegt, bestreitet das Ministerium aber, Hermann mit der Entscheidung über den Zuschuss auch nur befasst zu haben. Die Bewilligung sei vielmehr von der Fachabteilung des Ministeriums unter Beteiligung der zuständigen Stellen für Haushalts- und Rechtsangelegenheiten geprüft worden. Die Zentralstelle und die Hausleitung seien an der Entscheidung nicht beteiligt gewesen. Fragesteller Haag kritisiert diese Antwort. „Wie kann es sein, dass bei mehr als einer halben Million an Steuergeldern, die ausgegeben werden, die Zentralstelle des Ministeriums nicht beteiligt wird?“

Haag hält Projekt für überflüssig

Das Ministerium räumt ein, dass ihm bekannt gewesen sei, dass es bereits bei der Entscheidung über den Förderantrag Schulungsinhalte zum Thema für Fahrlehrer zum Thema Elektromobilität in Baden-Württemberg gab. Diese seien jedoch „nicht ausreichend“ gewesen. Für die Erstellung weiterer Unterlagen gab es den Zuschuss in sechsstelliger Höhe. Auch dies rügt der verkehrspolitische Sprecher der Liberalen im Landtag. Wenn E-Mobilität bereits zur Aus- und Weiterbildung von Fahrlehrern gehöre, stelle sich die Frage, welches Interesse das Land daran habe, noch einmal etwas Zusätzliches zu kreieren.