Das Ziel ist formuliert. Ob der Bedarf besteht, ist noch unklar. Foto: dpa

Berater helfen Eltern rechtsradikaler Jugendlicher. Dafür hat die Stiftung Jugendhilfe aktiv eigens eine neue Anlaufstelle gegründet.

Böblingen - Ein strammer Spruch macht noch keinen Rechtsradikalen. „Wenn der mal rausflitzt, ist das für Jugendliche unbedenklich“, sagt Ulrich Teufel. Er sitzt im Vorstand der Stiftung Jugendhilfe aktiv. Deren Mitarbeiter wollen Eltern künftig erklären, wo die Grenze zwischen Sprücheklopfern und angehenden Straftätern verläuft und wie zurückgelotst werden kann, wer sie überschritten hat. Auch wenn „es da eine ziemlich große Grauzone gibt“, wie Ulrike Wagenbach sagt, die Regionalleiterin der Stiftung in Böblingen. Für die neue Aufgabe ist eine eigene Beratungsstelle gegründet und T-Rex benannt worden. Das Rex steht für Rechtsextremismus.

Finanziell hat die Stiftung gleichsam in der Tombola gewonnen. Die Deutsche Fernsehlotterie bezahlt das Angebot für die ersten drei Jahre. Ob es danach bestehen bleibt oder aufgelöst wird, ist offen. Schlicht, „weil wir überhaupt nicht abschätzen können, wie groß der Bedarf ist“, sagt Teufel, „vielleicht täuschen wir uns“. Gemessen an bundesweiten Erfahrungen müsste Interesse vorhanden sein. Das Land Baden-Württemberg ist das einzige, in dem keine Kontaktstelle für Eltern rechter Jugendlicher existiert – für die Eltern wohlgemerkt, für die Jugend selbst gibt es Anlaufstellen. Das neue Angebot gilt auch für andere Angehörige.

In einer Grauzone bewegen sich im Grenzfall auch die Berater, in einer rechtlichen. Um Vertrauen zu schaffen, sind die Gespräche auf Wunsch anonym, und das Gesprochene bleibt außerhalb des Treffpunkts ungehört. Wenn allerdings Straftaten geplant sind, wird die Information offizieller Stellen zur gesetzlichen Pflicht, zuoberst für die Eltern selbst.

Schon Zehnjährige sind empfänglich

Schon Zehnjährige sind empfänglich für rechtsradikale Parolen. Zumindest versucht die Szene, auf den Schulhöfen Nachwuchs zu werben. Als erstes Warnzeichen gilt Musik mit hetzerischen Texten von Bands wie Landser oder Stahlgewitter oder eine Vorliebe für Modemarken wie Thor Steinar oder White Rex. Mancher Neonazi verdient mit dem Verkauf entsprechender CDs oder Kleider seinen Lebensunterhalt. Auch Zahlenkombinationen können verdächtig sein. Die 18 steht in der Szene für Adolf Hitler, die 88 für Heil Hitler. Für ernster als solche Hinweis hält Wagenbach, „wenn Jugendliche sich immer weiter zurückziehen und nicht mehr ansprechbar sind für demokratische Diskussionen“. Der Rückzug in eine Subkultur gilt als typisch – für rechtsradikale Jugendliche genauso wie für salafistische.

Eltern können von der Beratungsstelle zunächst eine Einschätzung und allgemeine Informationen über Rechtsextremismus erwarten. Ein Telefongespräch kann ausreichen, um Fragen zu beantworten. In schweren Fällen kann auch eine ganze Serie von Treffen nötig sein.