Die Stadtbahnen müssen künftig deutlich mehr Fahrgäste befördern. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Ideen für eine bessere Mobilität in Stuttgart gibt es viele – bis hin zu einer Seilbahn zwischen Pragsattel und Ostendplatz. Es fehlt an Geld. Die Ratsfraktionen bemühen sich um ein gemeinsames Vorgehen.

Stuttgart - Die Fraktionen im Rathaus bemühen sich um ein langfristiges Handlungskonzept für bessere Mobilität. Ob die Initiative der CDU für eine Vision Stuttgart 2030 auch in den von ihr geforderten Pakt mündet, ist am Dienstag im Ausschuss für Umwelt und Technik nicht final geklärt worden. Der Wunsch der CDU, auch neue Straßentunnel anzugehen, wurde aus Zeitgründen noch nicht erörtert. Und die Umsetzung des Handlungskatalogs könnte auch noch Streit nach sich ziehen. Am Dienstag gab es fast einen Eklat, weil CDU-Fraktionschef Alexander Kotz Grünen-Stadtrat Björn Peterhoff „Lügen“ vorwarf. Grund: Peterhoff hatte von stabil schlechten Stickoxidwerten am Neckartor geredet, Kotz von einer kontinuierlichen Verbesserung seit Jahren. Der eine redete aber von Jahresdurchschnittswerten, der andere von der Zahl der stündlichen Grenzwert-Überschreitungen pro Jahr. OB Fritz Kuhn (Grüne) schlichtete und befand, beide hätten recht.

OB Kuhn fordert Ehrlichkeit und Konsequenz

Grundsätzlich bekannten sich die Fraktionen mitsamt der CDU zum Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs (ÖPNV), auch von Fuß- und Radwegen. Kotz stimmte mit anderen Fraktionen und mit Kuhn darin überein, dass es hier noch „viel aufzuholen“ gelte. Das sei schon deshalb notwendig, damit man im Zeiten steigender Einwohnerzahlen und überschrittener Grenzwerte bei den Luftschadstoffen wenigstens eine Zunahme der Kfz-Zahlen verhindern könne. Die CDU gehe vorurteilsfrei an alle Verkehrsträger heran. Es müsse in Stuttgart nicht alles autogerecht sein, „aber Pkw und Lkw dürfen nicht völlig kastriert werden“.

Kuhn lobte die CDU, mahnte aber auch Ehrlichkeit und Konsequenz an: „Bei den Überschriften gibt es hier Gemeinsamkeit. Die Dinge, die man allgemein akzeptiert hat, muss man dann auch an Ort und Stelle mittragen.“ Da wurden gleich Grenzen sichtbar. Weil Busse immer wieder im Stau stehen, sah Michael Conz (FDP) wenig Sinn in Maßnahmen zum Beschleunigen des Busverkehrs durch Busspuren. Martin Körner (SPD) forderte „eine Busoffensive“. Natürlich sei ein Konflikt mit dem Automobil zu erwarten, sagte Christoph Ozasek (Linke).

Stadtbahnen müssen viel mehr Fahrgäste befördern

Um die Zahl der Autos im Talkessel und auf der Kräherwaldstraße um 20 Prozent zu senken, müssten Busse und Bahnen bis 2025 rund zehn Prozent „mehr aufnehmen“, hatte Geschäftsführer Thomas Hachenberger vom Verkehrsverbund VVS aufgezeigt. Geplante zusätzliche Regionalzüge würden in dem Segment enormes Wachstum zulassen. In den S-Bahnen werde es 2025 infolge von Stuttgart 21 teilweise mehr Platz geben. Aber die Stadtbahnen müssten 20 bis 70 Prozent mehr Menschen befördern als heute. Durch etwaige Kfz-Fahrverbote wäre das Stadtbahnnetz stark betroffen, durch Wohnungsbau im Zuge von S 21 eher örtlich.

Unter den möglichen Projekten sind Verlängerungen von Stadt- und S-Bahn-Linien, aber auch Seilbahnbauten – nicht nur zwischen ehemaligem IBM-Areal in Vaihingen und Möhringer Freibad, sondern auch vom Pragsattel über die Mittnachtstraße zum Ostendplatz. Man müsse die Möglichkeiten noch untersuchen und Prioritäten klären, sagte Hachenberger. Beim Bewerten soll die Uni Stuttgart helfen.

Linksriege befürchtet dauerhaftes Chaos im S-Bahn-Verkehr

Kuhn hielt „mehr Pünktlichkeit im S-Bahn-Verkehr“, den weiteren Ausbau des Stadtbahnverkehrs mit zusätzlichem Geld vom Land, mehr P+R-Parkhäuser vor dem Stadtgebiet und mehr Metropolexpresszüge für geboten. Nicht zuletzt müsse man eine Entzerrung schaffen: dass mehr Fahrgäste nach 9 Uhr einsteigen. Weil es bei der Finanzierung klemmt, warnte Kuhn davor, auf breiter Front Fahrpreise senken zu wollen.

Die meiste Skepsis klang bei SÖS/Linke-plus an, die wie die SPD massiven ÖPNV-Ausbau will: Weil der Vertrag der Region mit der Bahn bis 2028 laufe, sei das Chaos im S-Bahn-Verkehr bis dahin programmiert.