Die CDU im Gemeinderat und ein FDP-Landtagsabgeordneter loben Stuttgarts OB, der von diesem Samstag an rigoros gegen Klimakleber durchgreifen will.
Stuttgarts OB Frank Nopper (CDU) hat am Donnerstag eine Allgemeinverfügung unterzeichnet, die Klimaklebern Aktionen auf den Zufahrtsstraßen nach Stuttgart und den Verbindungsstraßen zwischen den Stadtbezirken verbietet. Es handelt sich um rund 200 Straßenzüge. Die Verfügung soll von Samstag, 8. Juli, 0 Uhr, und dann bis zum Jahresende gelten. Wer sich widersetzt, dem wird unmittelbarer Zwang, also das sofortige Wegtragen, angedroht. Die Maßnahme bringt Nopper aus dem Gemeinderat massive Kritik, von CDU und aus der FDP im Landtag aber auch Beifall ein.
In der Ratssitzung gab es am Donnerstag im nicht öffentlichen Teil erhebliche Kritik nicht nur inhaltlich, es geht auch um Stilfragen. Die Verfügung wurde den Bürgervertretern in der Sitzung auf das Laptop gespielt. Sie sei nicht angekündigt und selbst im Ältestenrat zwei Stunden zuvor kein Thema gewesen, sagt Grünen-Fraktionschef Andreas Winter. Auch die Runde der Bürgermeister war angeblich überrascht. Noppers Verhalten sei „unangemessen“, die Verfügung „völlig überzogen“, da diese Art des Protestes bereits sanktioniert sei, so Winter. Er spricht von „Aktionismus“, die Grüne Co-Vorsitzende Petra Rühle hält die Regelung für überzogen. Gemeinsam mit der Einzelstadträtin Sibel Yüksel fordern sie Nopper in einem Antrag auf, vor dem Verwaltungsausschuss Stellung zu nehmen.
Fraktionen kündigen Widerspruch an
Winter kündigte unserer Zeitung gegenüber an, die Verfügung überprüfen zu lassen. Auch das Linksbündnis will eine rechtliche Begutachtung der Verfügung. „Wir werden als Fraktion Widerspruch dagegen einlegen“, sagten Luigi Pantisano (Linke) und Hannes Rockenbauch (SÖS) unmittelbar nach der Sitzung. Dafür läuft eine Frist von einem Monat ab der Veröffentlichung. Pantisano und Rockenbauch äußern Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit. Im Verbot werden explizit „Klimaaktivist*innen“ genannt. Protestierende zu anderen Themen wären nicht betroffen. SPD-Sprecherin Jasmin Meergans fragt sich, „ob diese Verfügung verhältnismäßig ist“. Bisher sei es außerdem „gute Tradition gewesen, über derartige Verfügungen zuvor zu sprechen“.
In der Stadt hatte es am vergangenen Samstag eine massive Klebeaktion an neun Knotenpunkten der Stadt gegeben. Der Verkehr stand still, Rettungswagen kamen wegen der Straßenblockade nicht durch. Die Letzte Generation, die hinter der Protestaktion steht, begründet ihr Vorgehen mit dem bevorstehenden Klimakollaps, gegen den die Bundesregierung nicht handele. Die Stadt distanziere sich mit der Verordnung nicht von ihrem Ziel, möglichst rasch Klimaneutralität zu erreichen, sagt Nopper.
Im Februar lehnte die Fachverwaltung noch ab
Die Verwaltung (fachlich zuständig ist Ordnungsbürgermeister Clemens Maier von den Freien Wählern) kann Allgemeinverfügungen ohne den Gemeinderat erlassen. In der Coronapandemie geschah das häufig, damals wurde das öffentliche Leben zum Gesundheitsschutz beschränkt. Die CDU im Gemeinderat hatte das Verbot der Klimakleber bereits im Februar gefordert. Damals hatte Dorothea Koller, Leiterin des Ordnungsamts, eine Allgemeinverfügung abgelehnt. Sie sehe „keine rechtlichen Voraussetzungen“, denn die Stadt verfüge über Mittel, solchen Protest aufzulösen. Die Stadt München habe ihre Allgemeinverfügung nach einem Monat auslaufen lassen, so Koller. Zuvor habe sie durch die Verfügung 15 Minuten gespart, die man für die Prüfung eines anderen Versammlungsorts und die dreimalige mündliche Aufforderung zur Auflösung gebraucht habe.
Die CDU: Illegale Aktionen unterbinden
Die CDU im Rat freut sich nun über die Umsetzung. Damit könnten weitere Aktionen verhindert werden, eine solche wie am Samstag „darf es in Stuttgart nie wieder geben“, sagt der CDU-Fraktionsvorsitzende Alexander Kotz. Die Christdemokraten setzen seit geraumer Zeit stark auf das Thema Recht und Ordnung. Man habe eine klare Haltung, die illegalen Aktionen brächten Menschen gegeneinander auf, anstatt sie zu motivieren, sich für das Klima zu engagieren und zusammenzuarbeiten, so die CDU in ihrer Pressemitteilung.
Der Stuttgarter FDP-Landtagsabgeordnete und Tankstellen-Unternehmer Friedrich Haag (34) begrüßt das Vorgehen der Stadtverwaltung. „Sie setzt ein klares Zeichen, mit der Letzten Generation darf es keine Kompromisse geben“ so Haag. Diese „Härte“ wünsche er sich auch von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne).