Klimaschutz: Geht es nach manchen Aktivisten, darf kein Stein auf dem anderen bleiben Foto: Frank Eppler

Stuttgart muss grüner werden – aber nicht wegen des Weltklimas, meint unser Kommentator Rainer Wehaus. Von einer Zwangsbegrünung von Vorgärten hält er allerdings wenig.

Stuttgart - Da lacht der Gartenzwerg: Auf der Suche nach immer neuen Betätigungsfeldern in der sogenannten Klimakrise haben Umweltaktivisten jetzt den Trend zu pflegeleichten Gärten aus Kies, Schotter oder Steinen entdeckt. Nachdem sogar der grüne Landesvater Winfried Kretschmann sein Urteil über diese Mode gesprochen hat („fürchterlich“), denken seine Parteifreunde bei der Stadt Stuttgart nun über ein Verbot nach. Die Zwangsbegrünung von Vorgärten wäre für die einen ein echter ökologischer Fortschritt, für die anderen hingegen ein Zeichen dafür, dass die Klima-Hysterie einen neuen Höhepunkt erreicht hat.

Rechtlich schwierig

Vielleicht sollte man sich angesichts der hitzigen Debatte erst einmal hinpflanzen und in Ruhe darüber reden, welches Klima gemeint ist. Dem Weltklima dürfte es ziemlich egal sein, was die Stuttgarter mit ihren Vorgärten tun. Zumindest hätte die Stadt wohl enorme Mühe, einem Richter zu erklären, warum im Namen des Weltklimas bei Oma Erna vor dem Haus das Kiesbett unbedingt durch einen kleinen Grünstreifen ersetzt werden muss.

Druck im Kessel

Anders könnte es aussehen, wenn es um das Stadtklima geht. Stuttgart ist aufgrund seiner Kessellage auf Frischluftschneisen und viel Grün angewiesen. Die Landeshauptstadt beschäftigt seit vielen Jahrzehnten einen Stadtklimatologen. Die Zahl der Hitzetage steigt – und damit auch der Druck im Kessel. Vor diesem Hintergrund sollte Stuttgart alles tun, was gute Luft und Kühlung verspricht. Die Begründung von Dächern und Fassaden ist in Stuttgart keine Marotte, sondern ein sinnvolles Gegenmittel, um die Stadt auch im Sommer lebenswert zu halten. Ob es dafür Zwang braucht, sei dahingestellt. In einer Demokratie fährt man mit Anreizen oft besser. Umweltschutz lebt nicht nur von Verboten, sondern auch von der Akzeptanz der Bürger.

rainer.wehaus@stuttgarter-nachrichten.de