Auch wenn Stuttgart 21 einmal fertig sein wird, geht das große Bauen in diesem Bereich weiter. Foto: Arnim / Kilgus

Der neue Durchgangsbahnhof soll 2025 fertig werden. Für dessen Umgebung bleibt danach noch viel zu tun. Die Baustellen bleiben in diesem Bereich erhalten – und das teilweise sehr lange.

2025 soll der neue Bahnhof im Rahmen von Stuttgart 21 in Betrieb genommen werden. Die Bahn hält an diesem Termin fest. Wenn dieser Zeitplan zu halten ist, so endet Mitte des Jahrzehnts aber keineswegs der Stadtumbau an dieser Stelle – im Gegenteil. In unmittelbarer Nähe des Bahnhofs sind viele große Vorhaben in der Warteschleife. Zum Teil ist die Verwaltung die nötige Planungsgrundlage bisher schuldig geblieben, zum Teil können die Vorhaben erst begonnen werden, wenn Bagger und Kräne vom Bahnhof abgezogen sind. Klar ist: wenn Stuttgart 21 in Betrieb gehen wird, wird dessen Umfeld keineswegs fertiggestellt sein. Der städtische Stadtplaner Stephan Oehler hat das in einer tour d’horizon im Rathaus dargelegt. Die im Städtebauausschuss vertretenen Stadträte haben sich als Reaktion darauf in detailversessenen Scharmützeln verloren.

Warten auf den Bebauungsplan

Die größten Entwicklungsflächen in Bahnhofsnähe sind die Grundstücke im Schatten der alten Bahndirektion, die bis an die Weinberge des Kriegsbergs reichen. Dort hat die Bahn die Tunnelarbeiten längst fertiggestellt, ein städtebaulicher Wettbewerb ist auch schon wieder fünf Jahre alt. Der Bebauungsplan, Grundlage für jede weitere Entwicklung, wird im Rathaus allerdings nicht vor Ende 2024 fertig sein. Wo einmal von einem lebendigen Stadtquartier gesprochen wurde, könnten stattdessen Verwaltungsmitarbeiter ihrer Tätigkeit nachgehen. Auf der Suche nach weiteren Amtsstuben hat die Stadtverwaltung ein Auge auf das Areal geworfen.

Noch viel länger dauert die Neugestaltung der Klett-Passage, gleichsam die unterirdische Fortsetzung des Bahnhofsgebäudes, die in ihrer Gestaltung aus der Zeit gefallen wirkt. Sie dient unter anderem der Erschließung der darunter liegenden Stadtbahnhaltestelle. Die muss von den Stuttgarter Straßenbahnen (SSB) brandschutztechnisch auf den neusten Stand gebracht werden. Die Arbeiten dafür könnten 2026, der Umbau der Passage wird nicht vor 2028 beginnen. Der Stadt schwebt ein deutlich aufgeräumterer Zustand im Vergleich zum heutigen Erscheinungsbild vor. Viel Platz würden dann zwei Fahrradgaragen einnehmen. Näheres soll ein Wettbewerb zu Tage fördern, von dem die Stadt sich auch eine Antwort auf die Frage erhofft, ob der schlundartige Abgang aus der Königstraße hinunter in die Passage nicht vielleicht doch entbehrlich ist.

Disput über Taxi-Vorfahrt

Auf dem über der Passage liegenden Arnulf-Klett-Platz tost heute der Verkehr auf sechs Spuren. Konsens ist, dass dieser Bereich verkehrsberuhigt wird, dort künftig allenfalls noch Busse, Taxis und Lieferwagen rollen. Damit sind dann die Gemeinsamkeiten im Gemeinderat aber auch schon erschöpft. An einem geplanten und baurechtlich abgesegneten Taxirondell im Schatten des Bahnhofsturms, das auch das Absetzen von Bahnpassagieren aus privaten Kraftfahrzeugen erlauben würde, flammte der immer junge Streit über Stuttgart 21 entlang der erwartbaren Konfliktlinien auf. „Das regt mich auf, das ist eine anachronistische Flächenverschwendung“, zürnte Gabriele Munk, Stadträtin der Grünen. Der sogenannte Planfeststellungsbeschluss, der Baurecht für dieses Detail schafft, müsse verändert werden. Luigi Pantisano appellierte an die anwesende Architektur- und Planer-Professorenschaft, sich mit ihren Studenten Gedanken über eine andere Lösung zu machen. „Erretten Sie uns aus dieser Planung. Von der Verkehrsplanern der Verwaltung ist ja nichts zu erwarten“, sagte Pantisano den Rathaus-Planern ins Gesicht. Sprecher anderer Fraktionen gaben zu bedenken, dass es ein Wert an sich sei, wenn der Hauptbahnhof der Stadt nicht nur auf der Schiene, sondern auch auf der Straße zu erreichen sei und rieten zu weniger „Schnappatmung“.

Über diesen Schlagabtausch drohte aus dem Blick zu geraten, dass die Verkehrsberuhigung ohnehin nicht vor Ende des Jahres 2030 eintreten wird, da zunächst eine leistungsfähige Alternativroute via Wolframstraße entstehen muss, was den Abriss der dortigen Bahnbrücken bedingt, der wiederum erst möglich ist, wenn tatsächlich sämtlicher Zugverkehr an dieser Stelle in den Untergrund verbannt ist.

Bauten in Bahnhofsnähe werden saniert

Deutlich früher könnte das an der zu beruhigenden Straße liegende Hotel am Schlossgarten im neuen Glanz erstrahlen. Gebaut werden soll von 2024 bis 2026. Im selben Zeitraum soll auch das benachbarte Projekt der Immobilientochter der Landesbank Baden-Württemberg an der Königstraße 1c bewältigt werden. Direkt daran könnte sich zeitlich von 2026 die Neugestaltung der Königstraße 1a/b anschließen.

Noch etwas weiter vom Bahnhof abgerückt wirft die Sanierung des Opernhauses sowie der Neubau des Kulissengebäudes an der Konrad-Adenauer-Straße seine sehr langen Schatten voraus. Die Bauphase könnte 2030 beginnen und den Neubau der Turnhalle des benachbarten Königin-Katharina-Stifts beinhalten.

Einigkeit herrschte immerhin beim Handlungsbedarf im Umfeld des sogenannten Schwallbauwerks. Dieser mehrstöckige Baukörper an der Abzweigung der Sängerstraße von der Willy-Brandt-Straße ist rein technischer Natur und hat gute Chancen, in seiner Formgebung das skurrilste Gebäude der Stadt zu werden. Die Stadt möchte dessen ungeachtet dort die „Entwicklung eines attraktiven neuen Stadtquartiers“ vorantreiben, heißt es in der Präsentation der Verwaltung. Angesichts der Ausgangslage darf das als zumindest ambitioniert gelten.