Ein Verkehrsknotenpunkt mit viel grau – der Wilhelmsplatz in Cannstatt. Foto: Ferdinando Iannone

Der Wilhelmsplatz in Bad Cannstatt ist nicht gerade für seine schöne Seite bekannt. Was die Stadt deshalb nun ändern will und wie es grundlegend um den Ort steht.

Einsteigen, aussteigen, Richtung S-Bahn oder in Richtung Bad Cannstatt – am Wilhelmsplatz in Bad Cannstatt ist immer etwas los. Menschen warten am Steig oder laufen über die Fußgängerübergänge. Im Minutentakt fahren die Stadtbahnen ein und aus, Autofahrer queren die Gleise oder stehen an den Ampeln. Es ist einer der komplexesten Verkehrsknotenpunkte in der ganzen Stadt. Und vor allem wenn die ganz großen Events, wie Konzerte, Fußballspiele, das Frühlingsfest oder der Wasen stattfinden, drängen sich hier auch mal die Massen.

 

Es ist ein Platz, der für viele Menschen ein echter Umschlagplatz ist. Das ist vielleicht die Stärke dieses Platzes. Doch auch seine Schwäche ist offensichtlich: die Ästhetik. Nein, hier trifft man sich nicht zum Kaffeetrinken und die Sonne genießen, dieser Ort wird zweckmäßig gebraucht. Klar, Schönheit liegt im Auge des Betrachters, aber selbst bei der Stadt ist man sich den städtebaulichen Nachteilen dieses Platzes offenbar bewusst. Dieser Platz werde Bad Cannstatt „nicht mehr gerecht“ und ist als „unbefriedigend zu beurteilen“, sagt ein Pressesprecher der Stadt auf Anfrage unserer Zeitung offen.

Auch bei einer Umfrage unserer Zeitung zeigte sich klar, was viele von dem Platz halten:

Die Stadt verweist darauf, dass derzeit an einem neuen Verkehrsstrukturplan gearbeitet wird, der klären soll, welche Spielräume sich für eine Umgestaltung ergeben. Doch auch wenn vieles noch unklar ist, steht eines wohl bereits fest: Rund um den Brunnen am Wilhelmsplatz soll es grüner werden. „Das betonierte Brunnenfeld soll zugunsten einer Vergrößerung der Grünfläche erheblich reduziert werden“, erklärt der Pressesprecher. Das habe auch Vorteile im Hinblick auf das Stadtklima, heißt es.

Heute besticht der Bereich vor allem durch eines: Beton und die geflieste Fläche in Form einer Blume – rund um den Brunnen. Wann die Veränderungen umgesetzt werden sollen, dazu macht die Stadt keine Angaben. Doch die Vergrößerung der Grünfläche ist nicht das Einzige, das sich hier ändern soll.

Direkt am Wilhelmsplatz wird gebaut. Foto: Ferdinando Iannone

Auch die Planungen für die Neubebauung des ehemaligen Kaufhof-Areals durch die LBBW Immobilien schreiten weiter voran. „Sie ergeben die Chance, eine zum Wilhelmsplatz offene und belebte Fassade zu schaffen“, heißt es seitens der Stadt. Und auch mit Blick auf das gesamte Bahnhofsquartier wolle man an der Attraktivität arbeiten – eine städtebauliche Machbarkeitsstudie werde derzeit erarbeitet.

Seit Jahren ist der Wilhelmsplatz ein Thema. Immer wieder gab es Versuche, hier etwas zu verschönern. Manch einer in Cannstatt erinnert sich zudem noch an den Teppichboden, der oberhalb des Platzes auf dem Martin-Mayer-Steg ausgerollt wurde – ein ungewöhnlicher Ansatz. Stolze 230 Meter lang und Teil eines Projekts des Berliner Künstlers Thilo Droste. Weil die Resonanz damals so positiv war, verlängerte das Amt für Stadtplanung die Laufzeit des Teppichs sogar – bis er im September 2023 schließlich entfernt wurde.

Der Teppich auf dem Martin-Mayer-Steg, der hier 2022 und 2023 lag. /Uli Nagel

Wer mit Passanten am Wilhelmsplatz ins Gespräch kommt oder die Kommentarspalten in den sozialen Netzwerken durchliest, stößt vor allem auf viele Kritikpunkte – etwa in Bezug auf Müll und das subjektive Sicherheitsgefühl. Oft kommt der Platz dabei nicht gut weg. Unter einem Video unserer Zeitung schreibt eine Userin sogar „Cannstatt gehört zu den schlimmsten Gegenden Stuttgarts“, mehr als tausend Menschen haben den Kommentar geliket, eine andere Person schreibt sogar von „Bad Crackstatt“.

Trotzdem stellt die Stadt klar, dass der Ort keineswegs als Brennpunkt einzustufen sei. Zu dieser Einschätzung komme man jedenfalls beim Ordnungsamt, teilt ein Sprecher der Stadt mit. Allerdings sei man sich der Beschwerden über „Abfalldelikte, Betteln und teilweise erhöhten Alkoholkonsum mit störenden Auswirkungen auf Passanten“ durchaus bewusst, heißt es weiter. Der Platz stelle „insbesondere für Bettelnde einen attraktiven Anziehungspunkt dar, da diesen Knotenpunkt zahlreiche Pendler frequentieren, die auf ihre Anschlüsse warten“, erklärt die Pressestelle die Problematik.

Der Platz ist vor allem ein Verkehrsknotenpunkt. Foto: Ferdinando Iannone

Daher seien die „Schwerpunkteinsatzgruppen sowie die Bezirksdienstgruppen“ regelmäßig vor Ort und überwachten den Platz präventiv. Entsprechend stehe man auch im engen Austausch mit dem Polizeirevier in Bad Cannstatt, heißt es.

Geringes Sicherheitsempfinden

Aber wie steht es um das subjektive Sicherheitsempfinden? Die Stadt verweist auf eine Befragung aus dem Jahr 2023 – bereits damals wurden der Bahnhofsvorplatz und der Wilhelmsplatz als problematisch beschrieben. „Laut der wissenschaftlichen Auswertung beeinflussen diese Wahrnehmungen das subjektive Empfinden in Bad Cannstatt maßgeblich“, so die Stadt.

Auch dem Vorwurf, der Platz werde nicht häufig genug gereinigt, begegnet man bei der Stadt. Laut Einsatzplanung wird der Wilhelmsplatz fünfmal pro Woche gereinigt – von Montag bis Freitag. Vor allem im Vergleich zu anderen Plätzen in der Stadt sei das häufig, so ein Sprecher.