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Pläne des Unternehmens Wüstenrot und Württembergische sorgen im Westen für Unruhe.

Stuttgart - Wie es sich für einen guten Bezirksvorsteher gehört, war Reinhard Möhrle am Donnerstag unterwegs in seinem Sprengel. Er war auf Besichtigungstour im Westen. In der Schwabschule an der Bebelstraße war er. Doch natürlich hat ihn auch der Umzug der Wüstenrot und Württembergischen Versicherung beschäftigt. Er weiß, wohin man am Feuersee auch geht, man begegnet auf Schritt und Tritt der Wüstenrot und Württembergischen. 2400 Mitarbeiter arbeiten bei der Versicherung. Was geschieht mit dem Quartier, sollte die Firma in einigen Jahren wirklich, wie vom Vorstand gewünscht, nach Ludwigsburg umziehen?

„Ich würde mich freuen, wenn die Firma hier bleiben würde“, sagt Möhrle, „und ich glaube, dass die Mitarbeiter nicht glücklich sind, nach Ludwigsburg umziehen zu müssen.“ Im Westen halte die S-Bahn direkt vor der Tür, so gut angebunden sei kein anderer Standort. Deshalb glaubt er auch, dass es kein Problem sein dürfte, Nachmieter zu finden. Vor einem Jahr hat die Versicherung zwei Geschäftshäuser an der Rotebühlstraße und Silberburgstraße mit einer Fläche von fast 7000 Quadratmeter verkauft. Der Käufer blieb anonym und will sich auch heute nicht zu erkennen geben. Geschweige denn zu seinen Plänen äußern.

Wohnungsbau kein Thema

Aus der Branche ist aber zu hören, die Gebäude seien in einem tadellosen Zustand, die Lage sei gut, die Nachfrage groß, es dürfte kein Problem sein, Mieter für die Büros zu finden. Deshalb sei auch Wohnungsbau kein Thema. Wieso solle man erst Geld ausgeben, um die Gebäude abzureißen, um Wohnungen neu zu bauen, wenn man die Büros ohne großen finanziellen Aufwand neu vermieten könne?

Auch Möhrle glaubt, dass Wohnungsbau erst ein Thema werden würde, sollten die Büros längere Zeit leer stehen. „Aber das kann ich mir nicht vorstellen.“ Die Geschäftsleute der Umgebung möchten sich das gar nicht erst ausmalen. Bei der Metzgerei Kübler an der Rotebühlstraße 73 fürchtet man, „dass wir den Wegzug der Versicherung auf jeden Fall merken werden“. Man werde Kunden verlieren. „Die kommen zum Mittagstisch oder kaufen ein.“

Nur wenige Meter entfernt von der Versicherung verkauft Orhan Sevimli an der Senefelder Straße in der Markt Ecke Lebensmittel. Er hat schon gehört, dass die Nachbarn umziehen. „Ich kann’s ja nicht ändern“, sagt er, „aber natürlich kaufen viele bei mir ein.“ Nach Feierabend würde so mancher noch bei ihm was fürs Abendessen besorgen. „Mein Gemüse fährt bis nach Karlsruhe“, sagt er und schmunzelt. Denn Bange machen gilt nicht. „Es wird ja nicht leer stehen, da wird ja wieder etwas passieren.“ Am liebsten wären ihm Wohnungen. „Das wäre gut fürs Geschäft!“

Und gut fürs Viertel, findet Nepomuk Rickert. Er steht in seinem Bio-Kiosk Muk an der Johannesstraße und würde sich freuen, könnte man das Quartier beleben. „Tagsüber sind Leute unterwegs“, sagt er, „aber nach 16 Uhr ist in dieser Ecke nichts mehr los.“ Zu ihm kämen etwa zehn Leute von der Württembergischen, die etwas kaufen oder einen Kaffee trinken. Seine Kundschaft sei eigentlich eine andere, „ich sehe nicht schwarz, für mich ist das nicht dramatisch, außerdem wird da sicher was nachfolgen“. Er wünsche sich Wohnungsbau und Gewerbe, um Menschen anzuziehen. „Das würde hier sicher gut tun.“