Premiere auf dem Weindorf: Anna-Lisa Wenzler (li.) und Mona Maisack Foto: Lgt/ Ferdinando Iannone

Die Schwestern Anna-Lisa Wenzler und Mona Maisack sind erstmals mit ihrer Laube Wein-Moment auf dem Weindorf.

Die Geräusche waren verdächtig. Morgens um 2 Uhr rumorte und krustelte es in dem Küchencontainer auf dem Weindorf. Der Mann von der Sicherheitsfirma nahm seinen Auftrag ernst und schaute nach. Er fand heraus: Wer da so herumgeisterte war die Chefin höchstpersönlich, Anna-Lisa Wenzler (27) erstellte mit einer Mitarbeiterin die Abrechnung.

Die Nächte auf dem Stuttgarter Weindorf sind nicht nur für die Zecher kurz, sondern vor allem für die Wirtinnen und Wirte. Morgens um 8 Uhr beginnt der Tag für Wenzler und ihre Schwester Mona Maisack (29), um 3 Uhr, kurz vor Morgengrauen, war das Tagwerk dann getan. 240 Plätze gibt es in ihrer Laube Wein-Moment, da wird es einem nicht langweilig.

Mittlerweile gehören der Familie vier Läden

„Wir lieben es, Events zu veranstalten“, sagen die Schwestern unisono. Das machen sie auch in ihren vier familieneigenen Läden namens Wein-Moment in Stuttgart, Ludwigsburg, Kirchentellinsfurt und Pliezhausen. Und nichts gegen Weinproben, Wein after Work und Gesprächsrunden im Alten Schloss, aber welches Event könnte größer sein als das Weindorf? Weil sich das Duo schon immer was getraut hat, wollten sie auch dort dabei sein. 2020 hätten sie einen Platz bekommen, da grätschte Corona dazwischen. 2022 ist es nun so weit: Aus den Weinhändlerinnen werden Wirtinnen.

Den Laden haben streng genommen die Großeltern aufgebaut. Damit ihnen im Ruhestand nicht langweilig wird, begannen sie in Ulm einen Weinhandel. Später machte die Mutter von Wenzler und Maisack es ihnen nach, eröffnete einen Laden in Kirchentellinsfurt.

Aus einem Intermezzo wurde ein Berufung

Und vor sieben Jahren schmiß die gelernte Betriebswirtin Maisack einen frustrierenden Job hin und wollte der Mutter eigentlich nur ein bisschen helfen, „um den Kopf freizubekommen“. Aus dem bisschen helfen wurde ein Neustart. Das Thema Wein war ihr natürlich nicht fremd, mit Opa und Oma war die Familie immer wieder auf Weingütern in Italien unterwegs.

Sie expandierten, 2017 kam der Laden an der Hauptstätter Straße hinzu. Die Innenarchitektin Anna-Lisa Wenzler wollte der Schwester helfen, zu gestalten und einzurichten – und blieb. Seitdem machen sie gemeinsame Sache in ihrem Wein-Moment. Der Name ist kein Zufall, wollen sie doch, dass die Menschen vorbeischauen, sich umschauen, probieren, sich begegnen. Und da ist der Wein keine schlechte Wahl. Sitzt der Schwabe doch nur im Besen zu Fremden an den Tisch. Und beim Weindorf.

Wer sind die Rebhelden?

50 Menschen beschäftigen sie mittlerweile in ihren vier Läden, „das ist anders als früher, wo wir nur das Geld für unsere Familie erwirtschaften mussten“, sagt Maisack. Die Verantwortung wächst, ihre Risikofreude leidet darunter offenbar nicht.

Mit dem Weindorf wagen sie sich nun auf neues Terrain. Ein Caterer liefert die Speisen, 40 Helfer gehen ihnen zur Hand. Die Weine kommen natürlich aus dem eigenen Laden, vornehmlich sind es Gewächse ihrer Marke Rebhelden. Mit den Wengertern Christoph Kern und Leon Gold aus dem Remstal wollen sie junge Kunden ansprechen. Die Sommelière-Ausbildung haben die beiden Frauen gemacht und sind mittlerweile auch im Keller aktiv.

Wie kommen die Neulinge an?

Doch das Weindorf ist eine neue Erfahrung. „Wir wurden überrannt“, sagt Wenzler, bisher sei es jeden Abend brechend voll gewesen. Trotzdem bleibt ihr Ziel, sich Zeit zu nehmen, die Gäste zu beraten. Nur abfüllen ist ihnen in jeder Hinsicht zu wenig. Dass es da spät wird? Kein Wunder. Und so werden die Mannen von der Security wohl noch des Öfteren des Nachts verdächtige Geräusche aus dem Küchencontainer hören.