Michael Gaedt gibt sich in den Wagenhallen die Ehre. Foto: dpa/Weissbrod

Michael Gaedt tritt am Samstag in den Stuttgarter Wagenhallen auf – ohne Publikum. Zu sehen ist er aber im Live-Stream.

S-Nord - Da will jemand einen Witz erzählen auf der Bühne, bereitet sorgfältig die Pointe vor, die kommt dann auch sekundengenau – und aus dem Publikum kommt null Reaktion. Peinlicher geht es kaum noch für einen Bühnenkünstler. Doch wenn Michael Gaedt an diesem Samstag auf die große Bühne der Wagenhallen steigt, ist das nicht die große Ausnahme, sondern die absolute Regel. Denn mit ihm eingerechnet dürfen sich maximal fünf Leute in der großen Halle aufhalten. Und die haben vor allem damit zu tun, das Ganze in ein gutes Bild und in den richtigen Ton zu rücken. Das sind eben die Bedingungen, mit denen derzeit Kunst möglich ist. Das Publikum, die Fans, werden trotzdem ihren Spaß haben. Denn das Ganze wird live via Internet gesendet – als Live-Stream unter www.wh-home.tv, wo nun schon seit einigen Wochen immer mittwochs und samstags Bühnenkünstler live auftreten.

Figur mit vielen komischen Momenten

Wie Gaedt mit dieser Situation umgehen wird, darüber macht er sich nicht wirklich Gedanken. Sicher, in den 35 Jahren Kleine Tierschau, die Gaedt mit zwei Schulfreunden 1981 gründete, werden solche Momente wohl kaum vorgekommen sein. Aber Gaedt tritt ja ln den letzten zehn Jahren auch immer wieder in der ZDF-Krimiserie Soko Stuttgart auf als KfZ-Mechaniker Schrotti, auch das eine Figur mit vielen komischen Momenten. „Und da lacht oder applaudiert ja auch niemand bei den Dreharbeiten“, so Gaedt.

In der Schleyerhalle ist er mal vor vielen Jahren aufgetreten ganz ohne Publikum. „Die haben wir leer angemietet, um eines unserer damals neuen Programme zu testen, erinnert sich Gaedt: „Das war extrem anstrengend. Das ist ungefähr so: Du stehst an der englischen Küste und rufst laut nach Frankreich. Und da kommt überhaupt nichts zurück.“

Das Publikum als Regisseur

Ihn beschäftigt mehr, dass er an diesem Samstag keine Partner auf der Bühne hat. Wobei ihm das nun auch nicht völlig fremd ist: Bei Eliszis Jahrmarkttheater auf dem Killesberg-Parkgelände sowie in einem Kino in Schwäbisch Gmünd ist er ebenfalls schon solo aufgetreten. Am Schluss waren das große Erfolge und große Erleichterungen. „Aber man fragt sich da schon in einem besonderen Maß: Was traust du dir da zu“, so Gaedt. Denn: „Als Künstler hat man ja immer eine falsche Selbsteinschätzung. Würde man sich selbst richtig einschätzen, wäre ja kein Regisseur nötig.“ Und für Gaedt ist das Publikum der kompetente Regisseur: „Das Publikum hat ein Recht darauf, gut unterhalten zu werden, ohne dass es sich verarscht fühlt. Schließlich soll es nicht wegen mir unnütz Lebenszeit vergeuden.“

So ist er schon etwas aufgeregt vor diesem Auftritt trotz seiner jahrzehntelangen Bühnenerfahrung, aber er geht auch mit Selbstvertrauen zur Sache: „Auftreten ist mein Job. Das mache ich professionell.“