In und um Stuttgart kommt es nicht selten vor, dass es sich staut. Foto: dpa

Die Grünen haben ein Problem: Wie bekommen sie die Luft in Stuttgart sauberer, ohne in der Autobauerstadt Sympathien zu verlieren? Der Ministerpräsident baut auf Apps statt Straßen.

Griechenland - Nicht mit immer neuen Straßen, sondern mit intelligenter Steuerung will Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) die Stau- und Smogprobleme in Stuttgart lösen. Neue oder breitere Straßen dürften nur dort gebaut werden, wo unbedingt nötig, sagte der Regierungschef am Mittwoch beim ersten Mobilitätsgipfel für die Region Stuttgart. Stau, Feinstaub und Lärm ließen sich aber auch intelligent lösen: mit einer besseren Steuerung des Verkehrs und einem Ausbau von Bus und Bahn. Die Digitalisierung eröffne jede Menge Möglichkeiten. „Intelligenz ist billig, Straßen teuer.“

Die Landeshauptstadt könne zu einem Modell für nachhaltige Mobilität werden, sagte Kretschmann. „Da ist allerdings noch viel zu tun.“ Genutzt werden müsste alles, was die neue Zeit biete. „Das alles ist keine Spielwiese, das ist real.“ Es müssten möglichst alle Daten zusammengetragen werden, um die Verkehrsströme über Smartphone Apps oder Infotafeln zu lenken. Fahrverbote für bessere Luft im Stuttgarter Talkessel lehne er zunächst mal ab. Es gebe aber keine Denkverbote.

Während Umweltverbände wie der BUND weniger Straßenbau wollen, um nicht noch mehr Autos in die Innenstadt zu locken, forderte die Industrie- und Handelskammer Region Stuttgart genau das Gegenteil: Die Unternehmen seien darauf angewiesen, dass die Mitarbeiter gut zur Arbeit kommen und Güter reibungslos transportiert werden können. Kretschmann machte klar: „Stuttgart ist das wirtschaftliche Herz des Landes, und das Herz muss gut schlagen.“

Stuttgart als Stau- und Feinstaub-Hauptstadt

Bei dem Kongress suchten 45 Vertreter aus Kommunen, Region, Land, Wirtschaft und Verbänden nach Wegen aus den Stau- und Umweltproblemen der Region, die als deutsche Stau- und Feinstaubhauptstadt gilt. Eine Erklärung fasst rund zwei Dutzend Maßnahmen zusammen: darunter der Aufbau eines Systems von Metropolexpress-Zügen, der Ausbau von Verkehrslenkung, ein Infosystem zur Warnung vor Feinstaub, und ein Ausbau des Angebots an Bussen, S-Bahnen, Park&Ride und CarSharing.

Die FDP-Fraktion kritisierte das Papier, das „nichts wesentlich Neues“ enthalte. Kritik kam auch vom BUND: „Ausgerechnet mit neuen Straßenbaumaßnahmen die Ziele des Klimaschutzes und der Luftreinhaltung erreichen zu wollen, gleicht dem Versuch einer Quadratur des Kreises“, sagte BUND-Landeschefin Brigitte Dahlbender.

Am Montag wollen Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) und Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne) festlagen, wie sie möglichst bis 2021 die EU-Grenzwerte für den gefährlichen Feinstaub und für Stickstoffdioxid einhalten wollen. Kuhn sprach sich gegen weitere und vorschnelle Fahrverbote aus: „Wenn man gleich die Verbotskeule schwingt, hat man keine Chance mehr, dass die Leute aus Einsicht und freiwillig einen Beitrag leisten wollen.“. Hermann hingegen hatte tageweise Fahrverbote und für 2019 die Einführung einer blauen Plakette ins Spiel gebracht. Stuttgart gilt als deutsche Feinstaubhauptstadt. Brüssel droht mit Geldstrafen.