Wer zu Juwelier Kutter 1825 geht, gibt auch schon mal mehrere 10 000 Euro aus. Wie tickt das Familienunternehmen, das jetzt 200-Jahr-Jubiläum feiert?
Eine Uhr für 1,8 Millionen Euro? Beim Stuttgarter Juwelier Kutter 1825 wechseln solche Luxusstücke – in diesem Fall eine Patek-Philippe-Uhr – schon mal den Eigentümer – wenngleich so ein Verkauf die Ausnahme ist. Die Preise für Uhren- und Schmuckstücke liegen eher bei 2000 bis 50 000 Euro, je nach Kundenwunsch auch höher, wie Familienunternehmer Jochen Möhrle sagt.
Der 64-Jährige ist keiner, der mit Zahlen protzt, seine Leidenschaft gilt den Kunden und dem Familienunternehmen, das er gemeinsam mit seiner älteren Schwester Monika Kaden in dritter Generation führt.
Als der württembergische Hofuhrmacher Friedrich Baader im Jahr 1825 ein Uhrengeschäft in Stuttgart gründete, ahnte er gewiss nicht, dass er damit den Grundstein für eine Erfolgsgeschichte legen würde. 1856 übernahm sein Schwiegersohn, Uhr- und Chronometermacher Ernst Kutter, der vom württembergischen König ebenfalls mit dem Titel Hofuhrmacher ausgezeichnet wurde, das Geschäft. 1905 übernahm Kutters Sohn, der Uhrmachermeister E. Kutter das Geschäft, das er 1927 an Uhrmachermeister Fritz Möhrle verkaufte – den Großvater von Jochen Möhrle und Monika Kaden. Die beiden Geschwister und geschäftsführenden Gesellschafter führen das Traditionsunternehmen mittlerweile seit 25 Jahren.
„Unser Opa war beim Kutter beschäftigt, wollte sich selbstständig machen und hat dann erfahren, dass der Kutter zum Verkauf steht“, sagt Jochen Möhrle und zitiert gleich noch einen überlieferten Satz vom Großvater: „Wenn das nächste Weihnachtsgeschäft was wird, dann können wir weitermachen. Wenn es nichts wird, dann müssen wir halt aufhören.“ Ganz offensichtlich lief es gut, denn bei Kutter ging und geht es weiter.
Eigene Schmuckmarke Ameo
„Wir haben das Glück, dass unsere Kinder in die Firma eingestiegen sind“, sagt er und meint damit Sohn Felix Möhrle und Neffe Alexander Kaden, der mit der Eröffnung der Breitling Boutique bereits vor fünf Jahren im Familienunternehmen startete – nach Stationen im Ausland. Den Generationswechsel wolle man den Kunden bei der Jubiläumsfeier etwas näherbringen. Das sei doch eine schöne Botschaft, findet er. „Meine Schwester und ich sind ja nicht mehr ganz taufrisch“, sagt Möhrle augenzwinkernd.
Kutter in der Königstraße, eine Institution in Stuttgart und darüber hinaus, ist im Premium-Segment für Uhren und Schmuck angesiedelt, offizieller Rolex-Händler und führt exklusive Marken wie Uhren von Patek Philippe in einer eigenen Boutique, hat darüber hinaus die Eigenschmuck-Marke Ameo kreiert. „Das sind Unikate, die auf individuellen Wunsch angefertigt werden“, sagt Alexander Kaden. Egal, ob Collier oder Ring, mit Rubin, Smaragd oder ohne Stein – im eigenen Goldschmiedeatelier werden Kundenwünsche mit Liebe zum Detail und Handwerkskunst erfüllt. Auch wenige Meter weiter im Uhrmacheratelier, wo unter anderem Rolex-Uhren gewartet werden, geht es filigran zu. Mittlerweile hat Kutter 1825 rund 50 Beschäftigte, darunter mehrere Uhrmacher, Goldschmiede und einen eigenen Edelsteinfasser.
Was den Erfolg ausmacht? „Wir verkaufen Luxus, da ist das Emotionale ganz wichtig“, sagt Möhrle. Ohne eine Uhr, ohne ein Schmuckstück könne man gut leben. „Also müssen wir die Freude bei den Kunden wach küssen und sie über die Emotionen abholen.“
Wenn Möhrle über die Firmengeschichte redet, spricht Begeisterung aus ihm. Im kleinen firmeneigenen Museum sind unter anderem alte gravierte Taschenuhren, Urkunden und Schriftstücke zu sehen – darunter ein Originalbrief vom ehemaligen Kutter-Kunden Graf Otto von Bismarck und ein Schreiben von Albrecht Herzog von Württemberg von 1893.
40 Uhrmacher sorgen für die richtige Zeit
Die Zeiten, in denen es noch keine sekundengenaue Zeit von der Atomuhr gab, sind längst vergessen – Möhrle aber kennt die Geschichten. Über 40 Uhrmacher waren einst bei Kutter beschäftigt, die regelmäßig ausschwärmten, um bei Schul-, Bahnhofs- und Kirchturmuhren die Zeit einzustellen.
Möhrle, studierter Betriebswirt, hat sich wie seine Schwester, eine Bankkauffrau, Uhren- und Schmuckwissen in vielen Praktika angeeignet. Die kaufmännische Seite sei angesichts der Größe des Geschäfts ebenso wichtig wie die fachliche Seite, sagt er. Entscheidend sei, dass man gute Leute habe, auf die man sich verlassen könne.
Und das Negativste, das er in seiner Laufbahn je erlebt hat? Der Überfall auf Kutter vor 15 Jahren, als er im Kundengespräch war und mit einer Pistole bedroht wurde. Zwar endete alles glimpflich, doch „so etwas braucht man wirklich nicht im Leben“, sagt er. Seinen Optimismus hat er sich bewahrt. „Bei mir ist das Glas immer halb voll.“
Eine Zeitreise zum Jubiläum
Kunden
Bei der Feier zum 200-Jahr-Jubiläum sollen die Kunden im Mittelpunkt stehen. An zwei Abenden, am 9.und 10. Oktober, wird mit jeweils 300 Kunden in den Stuttgarter Wagenhallen gefeiert.
Zeitreise
Die Gäste erwartet eine Zeitreise – in Etappen durch das 19. Jahrhundert, die Zwanziger- und Fünfzigerjahre bis 2025 und dann noch der Blick in die Zukunft. Zu viel will Familienunternehmer Jochen Möhrle nicht verraten, sonst wäre es ja keine Überraschung mehr.