Die Bosch-Geschäftsführung: Markus Heyn, Tanja Rückert, Bosch-Chef Stefan Hartung, Markus Forschner, Stefan Grosch, Christian Fischer (v. l.) Foto: AFP/Thomas Kienzle

Das Unternehmen hat unter der Krise erheblich gelitten und strebt jetzt wieder in Richtung einer Normalisierung. Diese ist auch nötig, denn Bosch ist mehr denn je auf ordentliche Gewinne angewiesen, um die immensen Investitionen in neue Technologien stemmen zu können.

Der Stuttgarter Bosch-Konzern will mit hohen Investitionen in klimaschonende Technologien seine Ertragskraft wieder auf eine auskömmliche Größenordnung bringen. Im vergangenen Jahr erzielte man zwar einen Gewinn von 3,8 Milliarden Euro, doch die Umsatzrendite von 4,3 Prozent liegt weit unter dem langfristigen Ziel von mindestens sieben Prozent. Die Fähigkeit, ausreichende Gewinne zu erzielen, ist jedoch eine wichtige Voraussetzung, um in neue Technologien investieren und im internationalen Wettbewerb mithalten zu können. Im laufenden Jahr will Bosch die Rendite auf fünf Prozent steigern.

Balance zwischen unterschiedlichen Zielen

Einerseits müsse Bosch innovativ sein, um Entwicklungszentren, Fabriken und Infrastruktur zu errichten und neue Erfindungen weltweit durchzusetzen, sagte Konzernchef Stefan Hartung bei der Vorlage der Bilanz in Renningen, deren wesentliche Kennzahlen das Unternehmen bereits veröffentlicht hatte. Andererseits müsse das Unternehmen aber auch ertragreich sein und die „Balance halten zwischen ökonomischer Leistung sowie ökologischen und gesellschaftlichen Zielen“. Zugleich verspricht er sich von diesen Investitionen in umweltfreundliche Technologien sehr viel. Der Kampf gegen den Klimawandel sei ein „weltweites Wachstumsprogramm für neue Technologien“, so Hartung. Doch egal, auf welche Weltregion sich der Blick auch richtet – die wirtschaftlichen Perspektiven rund um den Globus schätzt das Unternehmen eher verhalten ein. Finanzchef Markus Forschner sieht bei der Weltwirtschaft ein Wachstum von nur noch 1,7 Prozent, das ohne den Asien-Pazifik-Raum wohl im roten Bereich läge. Dort erwartet Forschner aufgrund des erwarteten Nachholbedarfs in China nach den Einschränkungen durch die Pandemie ein Wachstum von knapp vier Prozent. In Nordamerika dagegen rechnet Bosch mit einer Stagnation, in Europa hält man sogar eine Rezession für möglich. Grund sind die hohen Energie- und Rohstoffpreise sowie die Inflation.

Von zentraler Bedeutung ist für Hartung die Software-Kompetenz des Unternehmens. Das sogenannte software defined vehicle, das Auto, dessen wichtigste Eigenschaften nicht mehr durch Fahrwerk oder Motor, sondern durch die Computerprogramme definiert werden, werde das Geschäft in der Branche mehr als alles andere verändern, sagt Hartung. Bereits in der nächsten Fahrzeuggeneration, die in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts auf den Markt komme, werde diese Entwicklung umfassend zu erleben sein.

Bereichsgrenzen sollen überwunden werden

Bestehende Fahrzeuge könnten auch viele Jahre nach ihrer Auslieferung wieder „wie neu“ werden, weil sich die Software- von der Hardwareentwicklung abkoppele und neue Funktionen somit auch nachträglich über Updates eingeführt werden können.

Für Bosch selbst ergeben sich daraus weitreichende Veränderungen. Die Zusammenarbeit von Automobil- und IT-Industrie sei organisatorisch und kulturell eine Herausforderung. Um die Zusammenarbeit zwischen diesen sehr unterschiedlichen Disziplinen voranzubringen, hat das Unternehmen seine Kfz-Zuliefersparte Mobility Solutions komplett neu aufgestellt. Innerhalb der Geschäftsführung gibt es einen eigenen Sektorvorstand, der darauf hinwirkt, die bisherigen Bereichsgrenzen zu überwinden und zentrale Technologien für das gesamte Unternehmen voranzubringen.

Starkes Wachstum erwartet das Unternehmen auch von der Elektromobilität, bei der Bosch bis 2026 eine Vervierfachung des Umsatzes auf sechs Milliarden Euro erwartet. Das Gleiche gilt für den Umbau der Energiesysteme, den Hartung für einen der größten Wachstumsträger des Unternehmens hält. Bei der Elektrifizierung der Heizungen – also mit Wärmepumpen – lege das Unternehmen ebenso überdurchschnittlich zu wie bei den elektrischen Antrieben für das Auto.

Die Transformation wird auch große Auswirkungen auf die Standorte des Unternehmens haben – nicht zuletzt auf Stuttgart-Feuerbach, der bisher stark auf den Diesel ausgerichtet ist. Über die genauen Pläne besteht nach wie vor Unklarheit. Personalchef Stefan Grosch, Nachfolger der vor Kurzem überraschend ausgeschiedenen Geschäftsführerin Filiz Albrecht, bestätigte die Einschätzung des früheren Konzernchefs Volkmar Denner, wonach für den E-Antrieb nur rund ein Zehntel der Beschäftigten benötigt werden wie für den Diesel. Es gebe die Notwendigkeit einer „Strukturanpassung“.

Wie geht es weiter mit den Arbeitsplätzen?

Derzeit fänden intensive Verhandlungen mit den Arbeitnehmervertretern statt, bei denen insbesondere über Zielbilder der einzelnen Standorte und über die Einbindung der Beschäftigten in Entscheidungen gesprochen werde.

Klar ist aber schon jetzt, dass im tschechischen Standort Jihlava im großen Stil Antriebe fürs E-Auto gefertigt werden sollen. Es gebe dort eine hohe Wettbewerbsintensität, erklärte Markus Heyn, Chef der Mobilitätssparte. Das spiele bei der Auswahl der Standorte eine Rolle, zumal es den Bosch-Standort Jihlava schon lange gebe und er sich als kompetent erwiesen habe.