Bei der Bundestagswahl am 23. Februar war die Beteiligung besonders hoch. Allerdings nicht bei allen Wählergruppen. Für einige war die Zeit schlicht zu knapp.
Die vorgezogene Bundestagswahl am 23. Februar 2025 verlief vor allem für Deutsche im Ausland holprig. Bereits vor der Wahl war deutlich geworden, dass es wegen verkürzter Fristen mit der Zu- und Rücksendung der Unterlagen knapp werden könnte. Unmittelbar nach der Wahl lagen noch keine abschließenden Zahlen zur Beteiligung der Auslandsdeutschen vor. Auf Anfrage unserer Zeitung hat das Statistikamt der Landeshauptstadt nun genaue Zahlen geliefert.
Sehr hohe Beteiligung der Briefwähler
Die Wahlbeteiligung lag bei dieser Bundestagswahl mit 82,9 Prozent (85,8 im Wahlkreis Stuttgart I, 79,8 Prozent in Stuttgart II) sehr hoch. Noch höher ist traditionell die Beteiligung der Briefwähler, sie lag mit 96,2 Prozent exakt auf gleicher Höhe wie bei der Wahl 2021. Zuvor war dieser Wert nur 1987 erreicht worden.
Die Briefwahlsendungen von Auslandsdeutschen fallen gegenüber diesen Zahlen deutlich ab. Von den 4453 ab dem 4. Februar ins Ausland versendeten Wahlbriefen kamen nur 82,9 Prozent (3690) rechtzeitig nach Stuttgart zurück. 90 Briefe erreichten das Wahlamt nach dem 23. Februar. Sie wurden nicht mehr geöffnet, werden aber wie alle Stimmzettel gesichert archiviert und können 60 Tage vor der nächsten Bundestagswahl vernichtet werden. Auf das äußerst knappe Ergebnis im Wahlkreis I, wo Simone Fischer (Grüne) mit fünf Stimmen Vorsprung vor der CDU-Kandidatin ins Parlament kam, haben die Briefe keinen Einfluss. Insgesamt nahmen 763 Auslandsdeutsche (17,1 Prozent) nicht an der Wahl teil.
Rücklauf aus China bei 52 Prozent
Dabei gibt es je nach Region deutliche Unterschiede. Die Beteiligung von Stuttgartern, die in Tschechien, Luxemburg und Irland (je 100 Prozent rechtzeitiger Rücklauf), in der Schweiz (97,1 Prozent) und den Niederlanden (96,3 Prozent) leben, lag sogar über der durchschnittlichen Briefwähler-Beteiligung. Über 93 Prozent Beteiligung erreichten Singapur (95,8), Österreich (94,7), Schweden (93,8) und Dänemark (93,4), über 90 Prozent schafften das Vereinigte Königreich (92,9), Norwegen (91,8), Frankreich (91,5), Finnland (91,3) und Portugal (90,9). Über der Marke von 80 Prozent liegen Belgien, Italien, Japan, Island, das Fürstentum Liechtenstein sowie Ungarn, die Slowakei, Sri Lanka und Spanien. Selbst aus China fanden 24 der 46 Wahlbriefe (52,2 Prozent) rechtzeitig nach Stuttgart zurück.
Miserable Zahlen aus den USA
Das andere Ende der Skala markieren Länder wie Peru (vier Antragsteller), Indien (6), Neuseeland (16) und Kanada (52), aus denen kein einziger Wahlbrief nach Stuttgart zurückkam. Miserabel sind auch die Beteiligungszahlen aus Australien (30 Anträge, zwei Rücksendungen) und vor allem den USA. Nur 16 Briefe kamen nach Stuttgart zurück, 299 nicht, die Beteiligung lag damit bei nur 5,1 Prozent. Aus dem afrikanischen Kontinent schafften es immerhin acht von 14 Wahlbriefen (57,6 Prozent) nach Stuttgart, aus Mexiko 42,9, aus Brasilien 33,3 Prozent.
Teils lange Postlaufzeiten
Die Gründe für den schwachen Rücklauf sind aus Sicht des Statistikamtes naheliegend. Aus EU-Staaten mit guter Postanbindung sei die Zahl der Rücksendungen hoch gewesen. Zwar habe man die Wahlbriefe durch Wochenendarbeit der Druckerei früh absenden können, die Postlaufzeiten in die USA liegen aber bei sechs bis zehn Werktagen, nach Kanada bei sechs bis acht und nach Neuseeland bei zwölf bis sechzehn Werktagen für den einfachen Weg. 16 Werktage sind mehr als drei Wochen. Tatsächlich kann es auch einige Tage länger dauern. Wer seinen Wahlbrief spät bekam, entschied sich wegen der Postlaufzeit wahrscheinlich dafür, ihn gar nicht mehr zurückzusenden. Alle Wahlbriefe waren mit der Deutschen Post, aber nicht als Expressbrief (der 70 Euro kostet, bei dem der Bund die Kosten aber nicht erstattet) versendet worden.
Könnte man Stimmen im Ausland zählen?
40 Briefwahlunterlagen wurden aus Stuttgart auf Antrag der Wähler über das Auswärtige Amt in Berlin per Kurier versendet, die Botschaften in den jeweiligen Ländern verteilten dann weiter. Wie viele der 40 Sendungen zurückkamen, wurde nicht erfasst. Eine Lösung für die Misere könnte laut einer Verfassungsrechtlerin darin liegen, dass man Briefwahlstimmen in den Botschaften zählt. Zu den 90 verspätet eingegangenen Wahlbriefen von Auslandsdeutschen kamen bei diesem Urnengang noch 147 Briefe von Stuttgarter Wählern. Bei der Bundestagswahl im Jahr 2021 lag die Zahl mit 370 Verspätungen allerdings noch deutlich höher.