Volker Beck sieht in der Auszeichnung ein Statement gegen Israel. Foto: imago/IPON/Stefan Boness/Ipon

Am 20. November will das Staatstheater Stuttgart die britische Autorin Caryl Churchill mit dem Europäischen Dramatikerpreis ehren. Doch nun soll Schirmherr Winfried Kretschmann eingreifen, fordert Volker Beck von der Deutsch-Israelischen Gesellschaft.

Volker Beck, der Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, hat den baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (Grüne) aufgefordert, die Schirmherrschaft für den Europäischen Dramatikerpreis der Stuttgarter Staatstheater zurückzugeben. Hintergrund sind die Recherchen eines Journalisten-Netzwerks in Nordrhein-Westfalen. Dieses wirft der diesjährigen Preisträgerin, der britischen Dramatikerin Caryl Churchill, ihr Engagement in der internationalen Israel-Kulturboykott-Bewegung BDS vor, darüber hinaus drücke sich in ihren Werken Antisemitismus aus. Der mit 75 000 Euro dotierte Preis soll am 20. November im Schauspielhaus an die 84-jährige Schriftstellerin überreicht werden.

 

Ausführliche Recherchen

Volker Beck – der gebürtige Stuttgarter war bis 2017 für die Grünen 23 Jahre lang Abgeordneter im Bundestag – lobt das Engagement des Ministerpräsidenten „gegen jeden Antisemitismus“, fügt aber gegenüber unserer Zeitung hinzu: „Eben deswegen muss er die Schirmherrschaft unverzüglich zurücknehmen, falls die zuständigen Stellen an der Preisvergabe festhalten.“ Der Dramatikerpreis an Churchill sei „ein Statement gegen Israel“. Er zähle darauf, dass das nicht „im Sinne Winfried Kretschmanns“ sei.

Die „Ruhrbarone“, ein Netzwerk freier Journalisten mit Sitz in Bochum, engagiert sich seit Jahren in seiner Kulturberichterstattung zum Beispiel gegen rechtsextreme Popmusik. Nun hat der Autor Thomas Wessel jüngst den geplanten Europäischen Dramatikerpreis in Stuttgart aufgegriffen. Für die internationale Israel-Kulturboykott-Bewegung „Boycott, Divestment and Sanctions“ (BDS) engagiert sich Churchill seit Jahren öffentlich. Die Präsenz von BDS-Künstlern auf der Kasseler Documenta hat die deutsche Öffentlichkeit den gesamten Sommer lang beschäftigt.

In der Tradition uralter Propaganda?

Darüber hinaus sieht Wessel zum Beispiel in dem Stück „Seven Jewish Children“, das Churchill 2009 nach einer militärischen Intervention Israels in Gaza veröffentlich hatte – vorausgegangen waren palästinensische Raketenangriffe auf die israelische Zivilbevölkerung –, klaren Judenhass.

Die Autorin zeichne die Tötung palästinensischer Kinder in der Tradition angeblicher „jüdischer Ritualmorde“ nach, einem obszönen Klassiker antisemitischer Propaganda seit dem Mittelalter. Wessel meint, das Stück sei „Agitprop vom Gröbsten“ und werde von der Fachjury des Staatstheaters in seiner Preisbegründung wohlweislich nicht erwähnt.

Der Beitrag schließt: „Baden-Württemberg wird sich entscheiden müssen, auf welcher Karte es setzt, wenn es seinen Dramatiker-Preis positionieren will, ob ,für Wissenschaft, Forschung und Kunst‘ oder für BDS.“