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So kennt man das, wenn Elton John eine Halle für sich einnimmt: Er hüllt sie in eine wohlig-warme Wolke aus Klängen, Emotionen und Farben. Rund 10.000 danken ihm dies mit reichlich Applaus. Wir haben die Bilder dazu!

Stuttgart - So kennt man das, wenn der begnadete Musiker, Pfauenmensch und Dompteur Elton John eine Halle für sich einnimmt: Er hüllt sie in eine wohlig-warme Wolke aus Klängen, Emotionen und Farben. Rund 10.000 in der voll besetzten Stuttgarter Schleyerhalle danken ihm dies am Sonntagabend mit reichlich Applaus. Wir haben die Bilder dazu!

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Elton John, für seine Verhältnisse zurückhaltend ausstaffiert im schwarzen, mit Glitzernoten besetzten Gehrock, inszeniert vollendete Leidenschaft: Er lässt den Flügel donnern, erschauern und flüstern, als sei dies nach wie vor seine größte Erfüllung. Und er singt sich bei jedem Stück die Seele aus dem Leib und macht vergessen, dass die Jahrzehnte im Geschäft ebenso Spuren auf seiner Stimme hinterlassen haben wie die aktuelle Tournee, die in Stuttgart endet.

Die großen Songs aus den 1970er Jahren, als der Künstler und sein Texter Bernie Taupin ihre kreativste Phase hatten, stehen im Mittelpunkt der knapp zweieinhalbstündigen Show. Tausendfach hat Elton John Stücke wie "Daniel", "Tiny Dancer" und "Goodbye Yellow Brick Road" schon dargeboten, unlängst bei 250 Shows im Caesar's Palace in Las Vegas; doch er wirkt, als spiele er sie zum ersten Mal und sei selbst begeistert, wie gut sie klingen können.

Sir Reginald Kenneth Dwight, der seinen Künstlernamen einem früheren Arbeitgeber (Long John Baldry) und einem früheren Bandkollegen (Saxofonist Elton Dean) entliehen hat, zelebriert seine Hits jedes Mal aufs Neue. Längst sind sie für ihn wie Kinder, die er mit seinen Händen und Stimmbändern zu immer neuem Leben erweckt.

Dabei unterstützen ihn erfahrene Mitstreiter. Gitarrist Davey Johnstone trifft mit seinen Riffs, Soli und Verzierungen immer den richtigen Tonfall und macht auch an der Doppelhalsgitarre und am Banjo eine gute Figur, Drummer Nigel Olson, Mitglied der ersten Elton-John-Band 1969, sorgt mit Bassist Bob Birch für einen druckvollen rhythmischen Unterbau. Eine veritable Rockband ist das, die da bei "Rocket Man" eine wilde Session aufzieht und aus "Sad Songs" eine deftige Rock'n'Roll-Nummer macht. Eine fulminante Version von "Take Me to the Pilot" beginnt Elton John mit einem Piano-Solo, bei dem die Halle vibriert.

Zwischen den Songs animiert und dirigiert er das Publikum nach Belieben, reißt die Arme hoch oder schwenkt kokett die Hüften. Er ist ein Bühnentier und sein Metier die Verführung, nichts genießt er mehr, als Begeisterung zu entfachen, und wenn die Leute klatschen und johlen, sonnt er sich darin - eine Lehrstunde in Sachen Musik-Entertainment und wie man es auch als alter Hase noch genießen kann. Zumal, wenn man auch noch kleine Geschenke bekommt: Ein Fan reicht ihm ein VfB-Shirt auf die Bühne, die Nummer "9", darüber der Name Elton.

Kaum jemand versteht sich geschickter auf den Spagat zwischen eingängigem Pop und Rock als Elton John, auf kaum einen Interpreten können sich mehr Leute einigen. Er ist für die Musik das, was mancher in der Politik schmerzlich zu vermissen beginnt: eine breite Sammelbewegung, eine Art musikalische Volkspartei.

Gefühlig intoniert er "Candle in the Wind", das er einst für Marylin Monroe schrieb, um später festzustellen, dass es zu einer anderen Prinzessin noch besser passte. Beim Rock-Block gegen Ende wird dann der Sitzplatzzwang in der voll bestuhlten Halle aufgehoben, das Publikum darf sich vor der Bühne sammeln und austoben und bei "Crocodile Rock" das Thema im Chor singen.

Als erste Zugabe intoniert Elton John "I'm Still Standing", nachdem er bewiesen hat, dass es stimmt. Dann bedankt er sich bei seinen Fans, verspricht, 2011 mit Billy Joel wiederzukommen - und stimmt am Flügel eine anrührende Version von "Your Song" an. Da fühlen sich 9000 Menschen, jede und jeder für sich, geliebt und gewollt. Sie gehen mit der Gewissheit in die Stuttgarter Nacht, alles bekommen zu haben, was man sich heute von einem Elton-John-Konzert wünschen kann.

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