Die hoch professionellen Salonmusiker um ihren Gründer Patrick Siben (hinten am Flügel) boten eine Landpartie im Hohenheimer Schloss. Foto: Martin Bernklau

Die Stuttgarter Saloniker spielen am Ort ihrer Herkunft auf: „Landwirtschaft und Leidenschaft“ im Schloss. Vor ziemlich genau 25 Jahren wurden sie hier gegründet.

Stuttgart-Plieningen - Zurück zu den Wurzeln, zurück zur Natur. Die Stuttgarter Saloniker kehren wieder einmal heim, an den Ort ihrer Gründung vor ziemlich genau 25 Jahren. Dort hatte der kulturell so rührige Winzersohn und Landwirtschaftsstudent Patrick Siben seine Leidenschaft für dieses leichte halbernste Genre entdeckt und – neben ein paar anderen Ensembles wie der Concert Band – die Saloniker erfunden. Heute sind sie sein wahrscheinlich wichtigstes Lebenswerk.

Die Stücke in der Stimmung einer Landpartie ließen ein wenig dem Genius oder dem Schöpfer des Ortes nachspüren, dem elend lang regierenden Landesherrscher Carl Eugen, dessen Lebenslust und Lebensdurst sich auch in vielfacher Vaterschaft niederschlug. Doch seiner herzallerliebsten Mätresse und späteren geehelichten Freifrau Franziska von Hohenheim gelang so etwas wie die Zähmung und Läuterung des Potentaten „vom Saukerle zum Prachtskerle“ (Gerhard Raff). Ihr erbaute er beim geliebten „Gärtle“ Schloss Hohenheim, dessen Vollendung er allerdings nicht mehr erlebte. Der schmucke Balkonsaal im Rokokostil ist eine plangetreue Rekonstruktion des 20. Jahrhunderts, erklärte der locker launige Moderator Patrick Siben.

Lustvoll improvisiert

Eher locker nahmen auch die hoch professionellen Salonmusiker ihre Aufgabe, die Arrangements der im weitesten Sinne ländlichen Klassiker vom Jazz bis zurück zur Wiener Klassik den Besuchern im fast voll besetzten Saal vorzustellen – in der apart kleinen Besetzung von Cello und Bass, Klarinette und Violine vor Patrick Sibens orchestralem und taktgebenden Klaviersatz im Hintergrund.

Da wurde zuweilen lustvoll improvisiert. Den Takt gab zunächst „Wien bleibt Wien“ vor, kein Walzer, sondern ein Marsch jenes Johann Schrammel, nach dem die selbige Musik benannt ist.

Und dann Mozart, ein Zeitgenosse Carl Eugens, der in jungen Jahren zwei rustikale Opern schrieb über falsche Gärtnerinnen der Liebe und königliche Hirten. Die Ouvertüren zu „La finta giardiniera“ und „Il re pastore“ klangen so frech, wie der junge Wolferl wohl von frühauf gewesen sein muss. Humor, und das nicht zu knapp, hatte auch sein väterlicher Freund „Papa“ Haydn. Das war im „Ochsen-Menuett“ zu hören.

Überwiegend Modernes

Das höfische Menuett löste als Tanzmode der Walzer ab. Des Walzerkönigs jüngerer Bruder Josef Strauß, im Hauptberuf Architekt, steuerte zu dem Hype die „Dorfschwalben aus Österreich“ bei. Johann Strauß beherrschte auch andere, ländliche Tanzrhythmen, etwa mit seiner Polka „Schlau-schlau“ aus „Katz und Maus“. Einen wahren Fan fand der Böhme Bedrich Smetana in Oscar Fetrás, eigentlich einem Hamburger namens Otto Faster, der 1915 die Motive der „Verkauften Braut“ zu eine Fantasie für Klarinettenquartett eindampfte – ein funkelndes Fundstück aus Sibens Salonmusik-Archiv.

Nachdem das Publikum zu Kuchen und Wein aus den Gütern des gegenwärtigen Herzogs von Württemberg auf den Balkon vorm Saal gebeten worden war, gab es überwiegend Modernes. Sogar Tschaikowsky, der Tonsetzer beim Hofe der russischen Adels-Schwieger des Schwaben-Hauses, klang recht modern mit „Im Dorfe“. Und Richard Eilenburgs „Mühle im Schwarzwald“ nannte Siben ein „frühes Techno-Stück“. Er klapperte mit Mund-Kastagnette zum Handwerk am Flügel. Viel Jazz und Rag von den „Fiddle Sticks“ zum „Castle Doggie“ und zum „Turkey Trot“ frönten zumindest im Titel mit Leidenschaft der Geige, dem Schloss, dem Tier, der Landwirtschaft. Reichlich Applaus, keine Zugabe.