Für Sékou Neblett, einst Rapper beim Freundeskreis, waren die neunziger Jahre eine wichtige Zeit. Deutscher Hip-Hop stellt für ihn die Neuentdeckung der deutschen Sprache dar. Bei der Filmschau Baden-Württemberg präsentiert er seinen ersten Film: „Black Tape“.
Ich wusste, dass ich als Debüt etwas machen wollte, das mit mir zu tun hat. Wenn es auch sonst niemand interessieren wird, habe ich zumindest mich als Absicherung. Für mich war der Zugang zu der Zeit der neunziger Jahre ein kultureller. Deutscher Hip-Hop stellt für mich die Neuentdeckung der deutschen Sprache dar. Anfang der neunziger Jahre gab es eine Abneigung gegenüber der eigenen Sprache, es gab Leute, die keine deutsche Musik gehört, keine deutschen Filme geschaut haben. Das kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen. Deutscher Hip-Hop hat das enttabuisiert. Man konnte nur in der eigenen Sprache erzählen, wie toll man sich selbst findet. Fremdwörter, Anglizismen, Slang, Mundart und neue Wörter kamen da hinzu. Das war ein Experiment, an das sich der Hip-Hop gewagt hat. Heute ist deutschsprachige Musik in ihrer ganzen Vielfalt selbstverständlich.
Schlimme Sachen gab es auch schon vor dem deutschen Hip-Hop. All das Schlagereske und die Spaßmusik gab es schon immer. Deutschsprachige Themen gab es, den Punk, die Neue Deutsche Welle, die Hamburger Schule – das war immer mehr eine Haltung und hat nichts an der Sprache verändert. Im deutschen Hip-Hop fand man sich auf einmal toll und gab damit an. Man darf sich heute ernst nehmen, ohne zynisch zu sein.
Ich dehne den Begriff Doku sehr weit aus. Es gibt viele fiktive Elemente in diesem Film. Man weiß aber nie genau, was ist inszeniert und was ist echt. Das Publikum muss sich ins Kino setzen und das erleben.
Natürlich. Mit dem Hip-Hop fängt mein Erwachsenenleben an, mein erstes Geld habe ich mit der Musik verdient, mein erstes richtiges Geld mit Freundeskreis. Ich hatte die Chance mitzuerleben, wie der Deutsche sich mit seiner Vergangenheit auf popkultureller Ebene beschäftigt und da auch eine kleine Befreiung erlebt hat. Das war ein großer Zufall. Ich finde es toll, dass ich so einen kulturellen Wechsel miterleben durfte. Heute gibt es das nicht mehr, sondern ein Kontinuum. Es gibt zwar das Internet und solche Sachen, aber das finde ich kulturell nicht so spannend.
Er ist Mainstream, was nicht wertend gemeint ist. Es geht ums Business. Die jungen Rapper haben die Vermarktung ausgecheckt, zählen ihre Follower und gehen dann zu einer Plattenfirma. Oder sie machen dann alles selbst. Indie ist dann aber nicht mehr Indie. Eine Firma wie Chimperator macht riesige Umsätze. Hip-Hop lebt vom Image. Es geht um einen Lifestyle: was repräsentiere ich, was stelle ich dar, wie inszeniere ich mich. Der junge Rapper kann heute Songs schreiben, die ins Ohr gehen. Früher war die Devise, bloß kein Geld zu verdienen. Spannend wurde es, als das Establishment auf diese Künstler traf. Das war Ende der neunziger Jahre, als Afrob und Freundeskreis zu Four Music gegangen sind. Das war ein schöner Moment, in dem es aufgeblüht ist. Danach war alles nur noch ein Kompromiss.
Der wichtigste ist sicherlich „Fremd im eigenen Land“ von Advanced Chemnistry. Das war die erste Hymne. Der Song ist nicht zeitlos, aber zeitlich durchaus wichtig. Den besten aber, den gibt es nicht.