Dan Ettinger Foto: promo

Die Stuttgarter Philharmoniker waren mit ihrem Chefdirigenten Dan Ettinger im Beethovensaal der Liederhalle. Auf dem Progamm stand Beethovens vierte Sinfonie sowie die komplette Ballett-Musik zu „Pulcinella“ von Igor Strawinsky. Ein Konzertabend, mal ganz expressiv, mal ganz entspannt.

Stuttgart – Dan Ettinger dirigiert derart pantomimisch, dass man Beethovens Vierte am Donnerstag vermutlich auch erkannt hätte, wenn die Stuttgarter Philharmoniker geschwiegen hätten. Im Konzert im Beethovensaal buchstabierte Ettinger dem Orchester jeden Takt genau vor. Geballte Faust: grimmiges Pathos. In die Knie gehen: Lautstärke drosseln. Die Arme euphorisch in die Luft reißen: explosives Fortissimo. Auf das Orchester wirkte das zuweilen erdrückend: Schon die kreisende, tastende langsame Einleitung der Vierten litt am übervorsichtigen, ja fast ängstlichen Agieren der Musizierenden, geriet vieles unsauber, fiel auseinander. Im Adagio gerieten die Lautstärkenverhältnisse aus der Balance, wenn die konträre Gestik des Begleitrhythmus die hoheitsvoll-klagende Melodie beinahe in den Hintergrund drängte. Ettinger sucht das Exzentrische bei Beethoven. Aber dessen Kontrastprogramm inklusive romantischer Helldunkel-Effekte wirkt schon krass genug, wenn man nicht übertreibt.

Pulcinella komplett

Entspannter gingen die Philharmoniker und vor allem ihr musikalischer Leiter in Igor Strawinskys „Pulcinella“-Musik auf ein Libretto der Commedia dell’arte ans Werk, das löblicherweise endlich mal nicht nur in der kurzen Orchestersuiten-Form erklang, sondern als komplette Ballett-Musik mit Gesang. Feine, mitreißende, oft witzig-derbe Musik ist das.

Transparent und mit Spielfreude machten die Philharmoniker Werbung für diese 20-Nummern-Version, in der Strawinsky seinerzeit noch nicht entlarvte Fälschungen barocker Musik von Pergolesi überschrieben, sie harmonisch, metrisch und instrumentatorisch eingeschärft und mit harten Brüchen und Schnitten versehen hat. Nicht nur das Gesangstrio Talia Or (Sopran) , Rodrigo Porras Garulo (Tenor) und Thomas de Vries (Bariton), sondern vor allem auch die Instrumentalisten konnten sich mit diversen bemerkenswerten Solo- Einlagen in Szene setzen, wie etwa Fagottist Frank Lehmann, der im wahrsten Sinne des Worte einen langen Atem bewies.